Der zweite Teil der Infernal Affairs-Trilogie ist es, der die Vergleiche mit Coppolas Godfather-Trilogie fast erzwingt. Zum einen gibt es einige offensichtliche Anspielungen an The Godfather, Part III (Neben dem ausgeklügelten Parallelattentat vor allem die Aufnahme des "verlorenen Sohnes" Yan in die Familie - ähnlich wie im Fall Andy Garcia auch über ein Familienfoto symbolisiert), zum anderen hat man es mit einem waschechten "Prequel" zu tun, eine Fortsetzung, die zeitlich vor dem Ursprungsmaterial liegt, also ganz wie bei den Robert De Niro-Passagen von The Godfather, Part II (andere prominente Beispiele für Prequels sind z. B. Indiana Jones and the Temple of Doom, Twin Peaks: Fire Walk with Me oder Star Wars Episode One).
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Doch sind die eigentlichen Hauptdarsteller des Films nicht die jungen, bereits aus der Intro von Infernal Affairs (I) bekannten Darsteller der von Andy Lau und Tony Leung gespielten Gegenspieler, sondern deren Chefs und Vorgesetzte in mehrfacher Art, die noch am Anfang ihrer Karrieren stehenden Sam (Eric Tsang) und Wong (Anthony Wong). Um es vorwegzunehmen, Infernal Affairs II besticht vor allem durch sein Drehbuch, dem es gelingt, einerseits durch die Einführung neuer Figuren wie Hau (den neuen Chef der Hong Konger Unterwelt) oder Mary (die Freundin Sams, die aber auch einen Pakt mit Wong eingegangen ist) eine völlig neue Geschichte zu erzählen, andererseits aber auch auf all dem aufzubauen, was der Zuschauer bereits aus dem ersten Film kennt. (Ich kann nur dringend anraten, sich den ersten Teil vorher nochmal anzuschauen, zur Not als Video oder DVD ausleihen …)
Es kann nicht anders als genial bezeichnet werden, wie die Drehbuchautoren der gesamten Trilogie (Felix Chong und Co-Regisseur Alan Mak) hier den in Infernal Affairs als ultimativ gut bzw. böse bekannten Figuren Wong und Sam jeweils neue Aspekte verleiht, sogar so etwas wie ein Freundschaft oder Zusammenarbeit aufbaut, und man aber am Ende des Films bei genau der Verachtung anlangt, die man kennt.
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Und ganz nebenbei werden viele Details des ersten Teils hier ausgeführt. Nicht nur findet man es seltsam, daß Ming hier bereist in eine Mary verliebt ist (Im ersten Teil heißt ja seine junge Freundin so), auch erfährt man einiges über den Aufbau der Geschäftsbeziehung von Sam mit den Thailändern, über Yans frühere Freundin und den Grund, warum er nichts von der Existenz seiner Tochter weiß, über Wongs Kartenspiel, Yans Obsession nach der ultimativen Stereoanlage, um einen bestimmten Oldie kristallklar abzuspielen, wir erfahren vom Aufbau der Freundschaft zwischen Yan und Keung und auch die in Teil I recht straight erscheinenden Beziehungen zwischen Yan und Wong bzw. Ming und Sam werden stark ausgebaut und gewinnen an Problematik. Teil 1 + 2 verdichten sich gemeinsam, wie man es nur sehr selten bei Fortsetzungen erlebt, der Godfather-Vergleich drängt sich wieder auf, weil selbst der komplizierte 1955 spielende Teil von Back to the Future, Part II nicht annähernd an die Komplexität dieses Buchs heranreicht.
Zusätzlich zum Dilemma der "Maulwürfe" innerhalb der Tiraden oder des Polizeiapparats gesellt sich zum Thema des Films aber auch die (Godfather-ähnliche) Vermischung von Politik und Verbrechen, und durch die dramaturgisch als Klimax eingesetzte Machtübernahme in Hong Kong 1997 wird Infernal Affairs noch mehr zur Beschreibung einer vergangenen Zeit, in der die Handys noch unhandlicher waren und die Polizei noch als Royal Hong Kong Police unterwegs war.
Nicht nur überraschen Shawn Yue und Edison Chen, die jüngeren Versionen der Hauptfiguren aus I + III, durch überzeugende Darstellungen, auch die in allen drei Teilen auftretenden Anthony Wong und Eric Tsang (sowie Chapman To als im ersten Teil etwas untergegangener Keung) bieten hervorragende Leistungen, die Infernal Affairs II zusammen mit der wieder nervenzerreißenden Inszenierung (obwohl man ja von Anfang an weiß, wer leben und wer sterben bzw. zumindest verschwinden wird) zu einem echten Erlebnis machen - und das auch ohne Tony Leung.