Während in der diesjährigen Berlinale-Retrospektive
Sweet Sweetback's Baadasssss Song von Melvin Van Peebles (1971) läuft, der radikal politische Vorläufer der Blaxploitation-Filme, von denen man hierzulande vor allem die
Shaft-Filme kennt*, kann man im Panorama den neuesten Film von Mario Van Peebles
(Posse, New Jack City) sehen, der in einer Mischung aus "Making of", Hommage und
Mockumentary zeigt, wie dieser Film damals entstanden ist. Mario Van Peebles war als Sohn des Regisseurs damals sogar schon hinter und vor der Kamera mit dabei, und der Film handelt auch davon, wie der Traum des Vaters ("I wanted the picture to star the community - all the community! - all the faces Norman Rockwell never painted.") auf die Vater-Sohn-Beziehung gedrückt hat. Ganz so traumatisch, wie in
Gettin' The Foot … dargestellt, wird die jugendliche Sexszene aber wohl doch nicht gewesen sein, denn wenn man mal ein bißchen recherchiert, findet man schnell heraus, daß in dieser Szene gar nicht Mario agierte, sondern sein älterer Bruder.
Wenn man nicht alles in Gettin' The Foot … für bare Münze nimmt (insbesondere die Vorgänge am Premierentag scheinen doch etwas dramatisiert …), bietet der Film eine interessante Aufbereitung eines wichtigen Moments der Filmgeschichte, über den man hierzulande recht wenig weiß. Durch Gastauftritte von schwarzen Regiekollegen wie John Singleton oder Ossie Davis (der auch in einem der dokumentarischen Interviews zu Worte kommt) wird aus dem Film ein nostalgisches Manifest, die Rekonstruktion einer Vater-Sohn-Beziehung (daß auch Mario seine Kinder vor die Kamera zerrte, zeigt schon allein, daß er seinem alten Herrn nicht allzu böse sein kann) und vor allem eine verdammt witzige Zeitbeschreibung (eben nicht "serious as cancer" wie das Original), die durch einige bei Easy Rider abgeschaute Sequenzen, die fabelhaft Goldberg-Brüder ("Get rid of that crazy fuckin' schwarze!" … "kosher popcorn? - We're not eating them, we're selling them!") oder Auftritte von Saul Rubinek oder Vincent Schiavelli einiges fürs Geld bietet. Apropos Geld: Was ich noch nicht recherchiert habe, ist der Bekanntheitsgrad von Bill Cosby Anfang der 70er Jahre. Man erfährt doch einiges durch den Film - über Earth, Wind and Fire, über political correctness, über die Besetzung von Minderheitenrollen zur klassischen Hollywood-Zeit und über jede Menge Anekdoten aus der Drehzeit wie die geladene Pistole in der Prop-Box.
* Kurz nach der Berlinale (am 18. Februar um 21 Uhr) eröffnet im Berliner Arsenal-Kino der Dokumentarfilm Baadasssss Cinema, der sich diesem Aspekt der Filmgeschichte ausführlich widmet, die "3. Berliner Bienale für zeitgenössische Kunst"