Ich habe zwei Drittel aller Filme, die Terrence Malick in den 30 Jahren seiner Karriere gedreht hat (kein einziger Qualitäts-Aussetzer), gesehen, und sein Werk verkörpert für mich vor allem eine poetisierte Reflexion über Gewalt, wie etwa in seinem letzten, 1999 auf der Berlinale gelaufenen (und mit dem goldenen Bären ausgezeichneten) Film
The Thin Red Line (dt.:
Der schmale Grad). In diesem Jahr gibt es immerhin einen Wettbewerbsbeitrag nach einem Buch von Malick, Hans Petter Molands
Beautiful Country, aber mindestens genauso erfreulich ist, daß man in der Retrospektive seine Filme aus den 70ern endlich mal wieder (oder für viele zum ersten Mal) auf der großen Leinwand sehen kann.
Badlands wurde von David Thomson mal als das "womöglich sicherste Regiedebüt eines Amerikaners seit Citizen Kane" bezeichnet, und es ist immer noch verblüffend, wie Malick als einer der ersten einen subtilen Kommentar zu Vietnamkrieg abgibt (auch wenn der Film in den 50ern spielt), der aber gleichzeitig als Spätwestern oder eine frühen Mythologisierung eines Serienmörders durch die Medien gelesen werden kann.
Kit (Martin Sheen), ein wie James Dean aussehender und sich ebenso aufführender (bis hin zur Jeansjacke und einem locker geschulterten Gewehr) Herumtreiber, der momentan als Müllmann jobbt, verliebt sich in die 15jährige Holly, deren Vater vom zehn Jahre älteren Freund ihrer Tochter wenig angetan ist. Da der Vater wenig Einsicht für Kits Gefühle zeigt, bereinigt Kit das Problem mit Waffengewalt und flüchtet mit Holly in die Badlands von Montana - bis sich erst die Monotonie des Ehealltags ins idyllische Baumhaus schleicht - und dann auch noch einige Gesetzeshüter, die Kit wie Rambo ausschaltet, um abermals mit Holly auf die Flucht gehen zu müssen.
Es geht weniger um eine Heroisierung des Outlaws wie in Arthur Penns Bonnie and Clyde (auch in der Retrospektive), sondern um den Einbruch der Gewalt in den amerikanischen Provinzalltag, irgendwo zwischen Deliverance und Texas Chainsaw Massacre, nur weniger auf Action inszeniert, sondern auf die Ausarbeitung der Figuren und parabelhaft der gesamten amerikanischen Gesellschaft.
Als Vergleichsfilme laufen auf der Retrospektive noch Peter Bogdanovichs The Last Picture Show (1971), Martin Scorseses Alice doesn't live here anymore (1974), Steven Spielbergs The Sugarland Express (1974) und The Deer Hunter (1978) von Michael Cimino, dessen frühe Karriere sehr ähnlich wie Malicks verlief, nur mit dem Unterschied, daß Cimino irgendwann nach Heaven's Gate auch begann, Filme zu drehen, für die Malick als filmisches Gegenstück zu J. D. Salinger oder Harper Lee nie die Zeit gefunden hätte - und im gegensatz zu manchem Fließbandarbeiter haben sich Regisseure wie Charles Laughton, Malick oder Stanley Kubrick gerade durch ihre sehr eingeschränkten, aber makellosen Filmographien zu Legenden gemacht - ganz wie James Dean.