[Nachfolgende geringfügig überarbeitete Rezension wurde im Mai 1999 verfasst, als Samurai Fiction zeitlich nahe zu Star Wars Episode One: The Phantom Menace anlief.]
Japan in der Edo-Zeit. Das Schwert des Shoguns des Nagashima-Clans wurde gestohlen, und zwar vom Samurai Kazamatsuri, der es eigentlich hätte bewachen sollen. Während der oberste Rat des Clans das Verbrechen vertuschen will, macht sich sein heißsporniger Sohn Heishiro auf, den Samurai zum Kampf aufzufordern und die Ehre des Clans zu retten. Doch der Inhalt dieses Films ist gar nicht so wichtig. Der Titel sagt eigentlich schon alles wissenswerte, wie es oft ist, ich erwähne nur Jimmy Wang Jus
One Arm Boxer vs. The Flying Guillotine …
Never judge a film by its title, wie schon Der große Blonde mit den roten Haaren sagte.
Statt Schwertergeklapper stoische Ruhe, statt Mandolinen um Mitternacht existenzielle E-Gitarre, Samurai Fiction bedient nur wenige Erwartungen. Jörg Buttgereit, seit vielen Monaten beim Berliner tip-Magazin (aus nachvollziehbaren Gründen) fürs Besprechen blutiger B-Pictures bereitgestellt, bemäkelt dann auch das Fehlen von durchs Bild fliegenden abgesäbelten Köpfen. Überhaupt gibt es statt eimerweise Filmblut nur hin und wieder eine ins rote getauchte (ansonsten schwarzweiße) Leinwand, wenn einer ins Gras beißt. Und natürlich das Nasenbluten des Springinsfelds Heishiro, wenn er den Unterschenkel oder gar das Dekollete des adoptierten Waisenmädchens, das ihn gesundpflegt, erblickt.
Diese leisen Momente machten für mich den Reiz des Film aus, nicht die stilisierte Erzählart oder der typisch klamaukige japanische Humor.
Die Gestik des senilen Ninja.
Die Blicke zwischen Vater, Tochter und Verehrer bei seltsam zweideutigen Dialogen. "Can we use your bed, Mr. Hanbei?", eine der wenigen "bad ideas"*, die hier nicht durchprobiert werden.
Auch der angeblich ach so böse Kazamatsuri, der Dead Man dieses Films (Darsteller Tomoyasu Hotei war auch für den Soundtrack zuständig, in Japan nennt man ihn den "Samurai der Gitarre"), war für mich am coolsten, wenn er mal nicht soo cool war. Interessant fand ich die Aussage, die der Film über das Alter der Figuren machte. Die Männer waren umso vernünftiger, je älter sie waren, bei den Frauen (zugegeben, zwei weibliche Rollen erlauben keine repräsentative Aussage) ist es hingegen die unschuldige Ehrlichkeit der Jugend, die die verruchte Manipulation der erfahrenen Kasinobesitzerin in die Schranken weist. Ach ja, eines noch zu Buttgereit. Immerhin weiß er aufzuklären, warum Samurai Fiction als SF:Episode One im Titel angekündigt wurde (so wird er auch bei IMDb geführt), angeblich weil 140 Episoden wie "Silent Femme", "Super Funky" oder "Sonic Fiona" bereits geplant sind …
Nachtrag: Von den 140 Episoden hat man in den Folgejahren nichts mehr gehört, aber "Speisekammer Frechdachs" interessiert mich immer noch mehr als The Phantom Menace …