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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen


 

April 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

Madrid
D 2003

Buch
und Regie:
Daphne Charizani

Kamera:
Lars Barthel

Schnitt:
Monika Schindler

Musik:
Martin Probst

Darsteller:
Kathrin Angerer (Isabel), Juan Carlos Lopez (Manuel), Oliver Masucci (Karl), Ulrike Willenbacher (Gabi), Jennifer Minetti (Frau Schächter), Steffen Schult (Supermarktleiter), Manuela Prax (Rosi), Isolde Muth (Marlies), Maria Lüthi (Anja), Franz Koller (Kalle), Josep Linuesa (Spanier im Bus)

85 Min.

Kinostart:
8. April 2004

Madrid



Madrid (R: Daphne Charizani)
Madrid (R: Daphne Charizani)
Madrid (R: Daphne Charizani)
Madrid (R: Daphne Charizani)
Madrid (R: Daphne Charizani)
Madrid (R: Daphne Charizani)
Madrid (R: Daphne Charizani)

Wenn Filme ins Kino kommen, die für "Das kleine Fernsehspiel" des ZDF produziert wurden, ist das oft ein kleines Erlebnis, denn mit kleinem Budget werden dort oft die ersten Visionen vielversprechender Regisseure realisiert, und interessanter als Autobahnraser oder Germanikus ist das allemal.

Daphne Charizani wurde in Thessalonoki (Griechenland) geboren, und ihre Geschichte einer Tochter spanischer Eltern, die sich in einem süddeutschen Edeka-Supermarkt (und der Liebe) zu behaupten hat, klingt auf den ersten Blick autobiographisch angehaucht. Dies stimmt zumindest indirekt, denn man kann Isabel und den anderen Figuren aus Madrid ihre Authentizität anmerken - was aber nicht damit zusammenhängen muß, daß die Regisseurin und Autorin mal in einem Supermarkt gearbeitet haben könnte …

Isabel (Kathrin Angerer) hat sich in "ihrem" Edeka-Laden mittlerweile zur rechten Hand des Marktleiters hochgearbeitet und scheint auch zufrieden damit. Nicht zufrieden ist sie mit ihrer Beziehung zu Karl, der sie, wenn sie nach unzähligen Stunden im Markt mal etwas sexmüde ist, gleich als "gefühlskalt" bezeichnet, eine Umschreibung, die zunächst kaum in Einklang zu bringen ist mit dem Bild, das sich der Zuschauer von Isabel macht: Sie scheint emotionsgeleitet und ihr südländisches Temperament blitzt etwa in kleinen Tänzen vor dem Spiegel durch. Im Song, den man dabei hört, geht es um Madrid, jene Stadt, aus der Isabels Mutter sie immer wieder anruft, auch, um sie zu einem Umzug zu bewegen. Doch Isabel ist zufrieden in Süddeutschland - und als sie dann noch den Halbspanier Manuel kennenlernt, sieht dies zunächst wie ein weiteres Puzzlestück zum Glück aus. Doch ähnlich wie Karl hat Manuel seine eigenen Träume und Wünsche, die nicht immer mit Isabels übereinstimmen …

In der liebevollen Zeichnung der Figuren und der Atmosphäre im Edeka-Markt ist Madrid ein Film, der über den Durchschnitt der Debütfilme klar hinwegweist. Auch die Ziellosigkeit Isabels ist gut beobachtet, zieht jedoch den Film ein wenig zu sehr mit sich, denn irgendwann fragt man sich, worauf der Film eigentlich hinaus will. Geht es nur um die Beschreibung eines kleinen Glücks als Supermarktangestellte - mit seinen kleinen Höhen und Tiefen?

Der Filmtitel lässt eine gewisse Tiefe erwarten, die die Regisseurin jedoch lange Zeit bewusst ausspart. Madrid ist hier nur ein Songtitel, der Wohnort der Mutter, ein auf einem Billardtisch nachgestelltes "El Dorado" - und das ist gut so. Doch statt im Supermarkt die Unterschiede zwischen der in Rente gehenden Frau Schächter und der minderjährigen Aushilfe herauszuarbeiten und daran die mögliche Zukunft und Vergangenheit Isabels auszuloten, schickt die Regisseurin ihre Platzhalterin wie eine spontane Flucht aus der Ausweglosigkeit ihres ziellosen Herumirrens schließlich wirklich nach Madrid - nicht, um die Mutter zu besuchen, nicht, um mit Manuel zusammenzuziehen oder vor seiner Umklammerung zu entfliehen - sondern einfach, weil das irgendjemandem wie ein gewitztes Ende des Films erschien. Man hat sich geirrt, denn eine seltsam ziellose Flucht, die mit einem Freeze Frame endet, war vielleicht 1959 originell - heutzutage erscheint das Ende von Madrid einfach nur ratlos, haltlos, abgeschmackt und verdirbt vieles, was zuvor mit viel Hingabe aufgebaut wurde. Die mögliche Romantik einer Zufallsbekanntschaft ist mir vertraut, doch dieser Kleinmädchentraum entspricht weder den Möglichkeiten der Hauptfigur noch der der Regisseurin.