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Juni 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

The Road to Memphis
USA 2003

The Road to Memphis (R: Richard Pearce)

Regie:
Richard Pearce

Buch:
Robert Gordon

Kamera:
Robert Kenner, Richard Pearce

Schnitt:
Charlton McMillan

Mit:
Bobby Rush, B. B. King, Rosco Gordon, Rufus Thomas, Sam Philips, Ike Turner, Cato Walker III, Archivaufnahmen von Howlin' Wolf, B. B. King, Rosco Gordon, The Coasters, Fats Domino, Little Richard

90 Min.

Kinostart:
3. Juni 2004

Abbildungen:
© 2003 Reverse Angle International GmbH and Vulcan Productions, Inc. All Rights Reserved

The Road to Memphis


Der "Summer of Blues" geht in die zweite Runde. So wie der Initiator der Serie, Martin Scorsese, seinerzeit zur Schnitt-Crew des Konzertfilms Woodstock gehörte, war Richard Pierce einer der Kameramänner. Das ist allerdings auch über dreißig Jahre her, seitdem fiel Pearce höchstens durch Fernseharbeiten und Kinospielfilme auf, wovon die einzigen mir bekannten, No Mercy (1986, mit Richard Gere und Kim Basinger) und Leap of Faith (1992, mit Steve Martin) auch als eher uninteressant eingestuft werden.

The Road to Memphis (R: Richard Pearce)
Hubert Sumlin

The Road to Memphis (R: Richard Pearce)
Henry Gray

The Road to Memphis (R: Richard Pearce)
Bobby Rush

The Road to Memphis (R: Richard Pearce)
Richard Pearce

The Road to Memphis beginnt wie ein Road Movie und schickt einige unterschiedlich bekannte und aktive Bluesmusiker zurück in die Stadt, in der durch den vorwiegend schwarzen Radiosender WDIA und die legendäre Beale Street vieles begann. Dorthin schickt Pearce etwa den fast vergessenen Musiker Rosco Gordon, der zwei Jahrzehnte in einer Wäscherei arbeitete und nun in Plattenläden nach seinen alten Scheiben sucht. Die tragische Ironie, daß Gordon kurz nach den Dreharbeiten, aber noch vor seinem Comeback-Versuch verstarb, verdeutlicht das langsame Aussterben der alten Bluesmusiker und wertet den Film natürlich auf.

Etwas bekannter ist da Bobby Rush, der zwar auch kein Plattenmillionär ist, sich aber in seinem Tour-Bus durch etwa 300 Auftritte im Jahr wurstelt und auf seinen großen Durchbruch wartet. Die Auftritte Rushs mit seiner energetischen Präsenz und einem wirklich "herausragenden" Go-Go-Girl der anderen Art gehören zu den Höhepunkten des Films, machen aber auch klar, warum der etwas vulgäre Rush noch nicht in die Gefilde eines B. B. King aufsteigen konnte.

Der große alte Mann des Blues wird in Memphis euphorisch empfangen, seine Fans erzählen ihm davon, wie selbst ein kleines Autogramm von ihm ihr Leben verändern konnte, und immer lächelnd lässt er sich feiern. Im Interview erzählt King dann von seinen Anfängen an der Beale Street und bringt auch die Anekdote von jenem Konzert, daß er beinahe nicht bestritten hätte, weil er aufgrund des fast durchgehend weißen Publikums gedacht hatte, er hätte sich verfahren.

Zu den weiteren prominenten Interview-Partnern gehört Sam Philips (inzwischen auch verstorben), der in den legendären Sun-Studios einen weißen Lastwagenfahrer aus dem Blues eine der populärsten Musikrichtungen machen ließ - Der King of Rock'n'Roll, der zusammen mit Little Richard, Ike Turner (jaja, den gibt's auch noch) oder Fats Domino in den Film eingepasst wurde, dürfte wahrscheinlich dafür sorgen, daß sich dem Film ganz neue Publikumsschichten eröffnen, ist Memphis hierzulande doch vor allem als jener Ort bekannt, wo jährlich unzählige Pilger gen Graceland ziehen, und die im Film zumindest angerissene semireligiöse Verehrung für einen, der zumindest aus einer der Geburtsstätten des Blues heraustrat, dürfte mehr Zuschauer ziehen als der etwas elitäre Kunstkino-Gestus Wenders' in Soul of a Man, der viele Zuschauer vor den Kopf gestoßen haben soll.

Richard Pearce liefert einen soliden Dokumentarfilm, der an manchen Stellen fasziniert, aber der vielleicht auch etwas zu bodenständig und konservativ daherkommt, und der sich ein wenig in dem vielen Material, das er präsentieren will verliert.