Zwischen 1962 und 1989 erzählten in Japan unzählige Fernseh-Folgen und Kinofilme von den Abenteuern des während des 19. Jahrhunderts umherziehenden blinden Masseurs Zatoichi, der in Wirklichkeit ein tödlich präziser Samurai ist. In Takeshi Kitanos erstem Kostümfilm spielt er unter seinem Künstlernamen Beat Takeshi wieder selbst die Hauptrolle, mit beinahe weiß blondierten Haaren, unterwürfiger Kopfhaltung und geschlossenen Augen sorgt er für einen body count, der es mit den blutigsten Schlachtgemälden von
jidai-geki-Experte Kurosawa aufnehmen kann.
Daß das Blut diesmal aber nicht aus dem Farbeimer, sondern dem Computer stammt, lässt den Film oft anachronistisch erscheinen. Nichts gegen abgetrennte Unterarme und Finger, die sich gemeinsam mit Blutfontänen auf der Leinwand verteilen, aber wenn aus der Kunst des Schwertkampfs oft nur eine wenig präzise Digitalbearbeitung wird, verliert sich auch die Dramatik der Geschichte im Niemandsland zwischen realen und virtuellen Bildern.
Wobei das mit vielen Nebenhandlungen versehene Drehbuch die Geschichte geschickt vorantreibt. Nicht nur soll Zatoichi wie einst die sieben Samurai ein Dorf von der Schreckensherrschaft der Ginzo-Gang befreien, nebenbei gibt es noch andere Banden, die um die Vorherrschaft in dem Dorf kämpfen, ein anderer, ebenso begabter herrenloser Samurai (Tadanobu Asano) sucht als Leibwächter Ginzos sich und seine kranke Frau zu ernähren, und über ein rachsüchtiges Geschwisterpaar, daß sich nach dem Mord der Eltern nur durch Prostitution durchschlagen konnte, werden auch einige Gender-Fragen im Film angeschnitten.
Doch schon, wenn Zatoichi nach der ersten Metzelei im Hintergrund seines Weges zieht und man vorne auf einem Feld vier Arbeiter in einem auffälligen Rhythmus ihr Feld behacken sieht, kündigt sich an, daß Zatoichi auch ein Musical ist. Unter Mitwirkung der Steptanz-Truppe The Stripes wurden aus Nebenfiguren wie den Zimmermännern, die ein Haus zusammenhämmern, die wahren Virtuosen des Films. Während mit dem Aufblitzen der Schwerter die meisten blutigen Kämpfe bereits entschieden sind (laut Kitano die realistische Darstellung des Schwertkampfs), stellt sich der Tanz als zeitlose Ausdrucksform in den Mittelpunkt des Films. Dieses wird insbesondere durch eine längere Montagesequenz zwischen der tanzenden kindlichen und erwachsenen Darstellung der Figur O-Sei demonstriert. Erste Tanzversuche und vollendete fusionieren über die Zeit hinweg zu einer farbenfrohen Darbietung. Und wenn beim Abschlußtanz, bei dem das ganze Dorf teilzunehmen scheint, mithilfe der Computertechnologie gar mitten in der tanzenden Schar zwischen den jungen und älteren Geschwistern hin- und hergemorpht wird, ist dies für den Film aussagekräftiger als die über siebzig Toten. Kitanos Mut, aus einer Samurai-Geschichte ein Steptanz-Spektakel mit viel Humor zu machen, ist bemerkenswert - doch noch besser wäre der Film wahrscheinlich ohne die schnell repetetiv wirkenden irgendwie unwirklich erscheinenden Blutfontänen geworden, die vieles zu übertünchen drohen.