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Schon in den ersten Einstellungen sieht man einzig Photos, bei denen Ishikawas Gesicht immer wieder rot eingekreist ist, "Zeitzeugen" berichten aus dem Off von ihren Erfahrungen und den oft widersprüchlichen Eindrücken, die der spätere Gangster schon zu Jugendzeiten auf sie machte. Gerichtsurteile, Totenscheine und Heiratsurkunden (so zumindest die Interpretation eines des Japanischen nicht mächtigen) durchziehen den Film, über die Einblendungen bestimmter Daten wird die geschichte chronologisiert, in wirklichen Dokumentaraufnahmen erfährt man nebenbei auch etwas über die innenpolitische Lage im japan kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine Meinungsverschiedenheit zwischen japanischen und chinesischen Gangstern (letztere haben auch bei der Polizei schlechte Karten) führt zur wohl interessantesten Nebenhandlung. Bei einer großangelegten Polizeiaktion muß Ishikawa untertauchen und bricht in das Zimmer der jungen Chieko ein. Wenn er dort unabsichtlich auf dem Fußboden einen Brandfleck verursacht, nimmt dies in gewisser Weise schon die Handlung vorweg. Das Mädchen ist fortan gebrandmarkt, befleckt - Ishikawa hat ihr sein Brandzeichen aufgedrückt. Bei der ersten Begegnung geht zwar noch alles glimpflich ab, aber wenn er ihr Geld anbietet und seine Pistole bei ihr lässt, steht bereits fest, daß er wiederkommen wird und wahrscheinlich bestimmte "Dienste" einfordern wird. Und in der tat wird er das Mädchen nachher vergewaltigen und wie ein Zuhälter in ein Geishahaus seiner Wahl schicken. Die Signalfarbe Rot, die den Film nicht nur bei Blutbädern durchzieht, kommt zwar beim Brandfleck als symbolischer Entjungferung noch nicht zum Tragen, aber wenn der später Drogensüchtige Ishikawa visionsartig einen lila Luftballon entdeckt, vermischen sich kindliche Schönheit mit tragischer Fragilität. Chieko, die (durch Ishikawas Verschulden?) an Tuberkulose leidet, hustet sich in der nächsten Szene die Seele aus dem Leib, von ihren blutigen Händen wird gleich zu ihrem Selbstmord übergeleitet, der "zehn Tage nach der Hochzeit" stattfand. Über die Beweggründe für Hochzeit und Suizid lässt uns der Film ebenso im Dunkeln wie über die zeitliche Verortung jener Szenen - und dies zählt zu den Stärken des Films, der bis zum Grabstein Ishikawas (Menschlichkeit und Gerechtigkeit) immer wieder mehr Fragen aufwirft als er beantwortet. Graveyard of Honor |
Zunächst mal ist der von Goro Kishitani (Oka in One Missed Call) gespielte Gangster geringfügig sympathischer. Seine Karriere beginnt er als Tellerwäscher, der den Mord an einem Yakuza-Familienführer vereitelt - und dafür in die Familie aufgenommen wird. Auch wenn Ishimatsu nicht weniger skrupellos als Ishikawa vorgeht, liefert das Remake immer wieder Gründe und Motivationen für sein Handeln, auch hat Ishimatsu Freunde und seine Beziehung zu Chieko (bei der die Vergewaltigung schon vor den "Unterschlupf" in der Krise gelegt wird) ist diesmal auch so etwas ähnliches wie eine echte Beziehung (wenn auch ähnlich bizarr wie in einigen Filmen von Kim Ki-Duk). Chieko besucht ihren Vergewaltiger beispielsweise im Gefängnis, fragt ihn: "Was bin ich für sie?" - Seine Antwort: "Meine Frau." Und eine spätere Wiedervereinigungsszene ist fast schon sinnlich und nicht nur die ansonsten vorherrschende Gewaltnummer.
Zeitgemäß und wie von Miike-Fans erwartet ist der Film natürlich in den Gewaltdarstellungen etwas drastischer (frei ab 18 statt ab 16), wenn der Regisseur hier auch nur selten zu jenen Extremen neigt, für die er seit Audition berühmt ist. Die eindeutig blutigste Szene des Originals übertrifft Miike zwar mit Leichtigkeit, aber anstelle Beispielsweise der Tuberkulose wird hier die Drogensucht viel mehr thematisiert (auch als Grund für den Niedergang Chiekos). Hatte Ishikawa im Original noch einen Drogen-Sidekick, der irgendwie an "Mr. Camontes Sekretär" oder den Rigoletto-Fan in Some like it Hot erinnerte, wird hier die Drogensucht á la Trainspotting oder Christiane F. inszeniert. Eine der skurrilsten Szenen zeigt uns Ishikawa zugedröhnt bis zum geht-nicht-mehr, wie er auf dem Rücken durch seine Wohnung krabbelt. Der Stereoanlage ist aufgedreht bis zum Anschlag, überall auf dem Boden liegen Seiten aus Hochglanzmagazinen mit nackten Frauen, und Ishikawa robbt sich von einem Schußwaffen-Versteck zum nächsten, kramt die Revolver heraus, und schießt apathisch auf seine Zimmerdecke - ein Wohnungsnachbar, wie man ihn sich wünscht.
Miike verwöhnt den Zuschauer an manchen Stellen zwar auch mit cleveren Montage-Kapriolen, aber im direkten Vergleich überzeugt das Original doch eher- zumindest solche Zuschauer, die eher auf innovative Filmkunst stehen als auf Blutfontänen in Stereo.
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