Anzeige: |
Danach kehrte Bornedal in seine skandinavische Heimat zurück, arbeitete in Dänemark vor allem fürs Theater und Fernsehen und meldet sich jetzt mit einem in Norwegen spielenden und gedrehten Film mit internationaler Starbesetzung zurück. Auch I am Dina beginnt wie ein Horrorfilm. Nächtliche Gewitter, blutige Visionen und Geistererscheinungen suchen die kleine Titelheldin heim, man fühlt sich mitunter wie in einer Mischung aus The Exorcist und Wuthering Heights, letzteres auch wegen der vielen Naturaufnahmen, die einen fast an Lord of the Rings oder die "God's View"-Aufnahmen aus Breaking the Waves erinnern (wie die Kameraarbeit des Films generell überzeugt). Nachdem ein tragischer Unfall dazu führt, daß Dina verwahrlost (für zartbesaitete Gemüter könnten einige Bilder des Films etwas zu intensiv sein), ist es der Cello-Lehrer Lorch (Søren Saetter-Lassen), der das "Wolfsmädchen" zumindest wieder ein wenig in die Zivilisation einführt. Während einer teilweise fast unfreiwillig komischen Ehe mit Jacob (Gérard Depardieu), dem alten, aber reichen Freund des Vaters, entdeckt Dina auch ihre Sexualität, die sie ebenso wie ihr Cellospiel animalisch auslebt, daß es ihrem zunächst ungestümen Gatten schnell zuviel wird. Glücklicherweise gibt es da aber noch den Stallburschen Tomas, der Dina schwängert, während sie sich zeitweise in einem fast deliriösen Zustand befindet und immer wieder ihre tote Mutter "sieht". In einer Nebenhandlung sorgt Dina dann auch noch für Gerechtigkeit, wenn Niels (Mads Mikkelsen), der geldgeile Stiefsohn ihres Gatten, eine Küchenangestellte vergewaltigt und schwängert, bis dann in Form eines russischen Anarchisten (Christopher Eccleston) ihre Hoffnung auf ein besseres Leben Einzug in den Film nimmt. Trotz einiger kolossaler Stellen wirkt I am Dina seltsam unfertig, was womöglich an der Romanvorlage liegen könnte, die in 117 Minuten abgearbeitet werden musste, wobei insbesondere der mitunter abenteuerlich fragmentarische Schnitt mitgeholfen hat. Regisseur (und Co-Autor) Bornedal wollte einen Kostümfilm drehen, der der genretypischen Langeweile entkommen kann, doch abgesehen davon, daß es für bundesdeutsche Betrachter (und ihr eher rudimentäres Wissen um Details der norwegischen Geschichte) nur wenig Unterschied macht, daß der Film Mitte des 19. Jahrhunderts spielt - statt Langeweile stellt sich irgendwann eine Gleichgültigkeit beim Betrachter ein, wenn Dina immer wieder das Opfer von Tragödien wird, die sie oft aber auch aktiv mitbestimmt. Maria Bonnevie konnte in Filmen wie Reconstruction ganz auf ihre Ausstrahlung zählen, hier hingegen gelingt es ihr nicht, aus der Titelfigur einen nachvollziehbaren Charakter zu formen - Mal ist sie bezaubernd wie Liv Tyler, dann wieder durchgeknallt wie Hella von Sinnen, selbst die junge Amanda Jean Kvakland kann da mit mehr Inbrunst von sich behaupten: "I am Dina". Und die anderen Darsteller? Sie überzeugen allesamt, und können dennoch den Film nicht retten, denn sie werden in kleinen Auftritten verschlissen. Sowohl der leading man Christopher Eccleston als auch Gérard Depardieu haben eigentlich nur kleine Nebenrollen, und skandinavische Vollblutschauspieler wie Mads Mikkelsen (zuletzt in Dänische Delikatessen) oder Pernilla August (Fanny og Alexander, Mutter Skywalker in den letzten zwei Star Wars-Filmen) werden auch trotz guter Leistungen eigentlich mehr "verschlissen", weil der Film so vieles erzählen will, aber sich nicht konzentrieren kann. Vielleicht hätte man etwa die Nebenhandlung mit Niels einfach wegfallen lassen sollen, doch wie so oft hatte man wohl zuviel falsche Ehrerbietung vor dem Romanstoff - oder seinen Lesern. Im Endeffekt hinterlässt der Film so aber nur einen sehr "wilden Eindruck", was ja immerhin manchen Kinozuschauer befriedigen kann … |
|