Vera Drake - Frau und Mutter UK / Frankreich / Neuseeland 2004
Buch und Regie: Mike Leigh, Kamera: Dick Pope, Schnitt: Jim Clark, Musik: Andrew Dickson, Casting: Nina Gold, Production Design: Eve Stewart, Art Direction: Ed Walsh, Costume Design: Jacqueline Durran, Research: Lucy Whitton, Darsteller: Imelda Staunton (Vera Drake), Richard Graham (George Drake), Daniel Mays (Sid Drake), Alex Kelly (Ethel Drake), Eddie Marsan (Reg), Adrian Scarborogh (Frank), Heather Craney (Joyce), Ruth Sheen (Lily), Sally Hawkins (Susan Wells), Nicky Henson (Private Doctor), Allan Corduner (Psychiatrist), Angie Wallis (Nurse Willoughby), Lesley Manville (Mrs. Wells), Simon Chandler (Mr. Wells), Sandra Voe (Vera's Mother), Anna Keaveney (Nellie), Phil Davis (Stan), Sam Troughton (David), Peter Wight (Detective Inspector Webster), Martin Savage (Detective Sergeant Vickers), Helen Coker (WPC Best), Jim Broadbent (Judge) Jeffry Wickham (Defense Barrister), Sinead Mitchell (Very young woman), Tilly Visburgh (Mother of Seven), Vinette Robinson (Jamaican Girl), Rosie Cavaliero (Married Woman), Lesley Sharp (Jessie Barnes), Liz White (Pamela Barnes), Nina Fry, Lauren Holden (Dance Hall Girls), Angela Curran, Jane Wood (Prisoners), 125 Min., Kinostart: 3. Februar 2005
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Vera Drake Frau und Mutter
Seit Naked und Secrets and Lies war es recht ruhig um Mike Leigh geworden, und nun hat er mit Vera Drake unerwarteterweise sogar den Goldenen Löwen in Venedig abgeräumt, von Imelda Stauntons Golden Globe-Nominierung gar nicht zu reden. Wenn man bedenkt, daß das Mini-Genre der Filme über (meist weibliche) "Engelmacher", die für ihre halbprofessionelle (und illegale) "Hilfestellung" beim Annullieren ungewollter Schwangerschaften bestraft werden (Claude Chabrols Une affaire de femmes von 1988 drängt sich als Vergleichsfilm auf), nicht wirklich mehr jemandem hinterm Sofa hervorziehen kann, ist es umso beeindruckender, wie Leigh einer tausendmal verfilmten Geschichte (ich will gar nicht erst versuchen, die TV-Movies zum Thema zu zählen) noch interessante Aspekte abgewinnen kann.Hilfreich bei diesem Bemühen ist es, daß Vera Drake zunächst als eine Milieuschilderung beginnt, die minutiös, aber dennoch faszinierend den Alltag einer hilfsbereiten Hausfrau im London der 1950er Jahre abbildet. Vera bekocht Mann und Kinder, kümmert sich um ihre kranke Mutter, putzt bei einer reichen Familie, und findet nebenbei immer noch Zeit, dem einen oder anderen Nachbarn zu helfen und die typisch englische Tasse Tee zuzubereiten. Wie sich schnell herausstellt, scheint Vera der Auffassung zu sein, daß man mit einer heißen Tasse Tee jedes Problem bereinigen kann - und bei einer bestimmten Sorte "Problem" muss halt eine heiße Seifenlauge sein, mit der sie unentgeltlich "jungen Mädchen in Not" hilft. Vera ist ein harmloses Mütterchen, das die kriminellen und für ihre Patientinnen durchaus gefährlichen Behandlungen hinter einer routinemäßigen Fassade von Euphemismen verschwinden lässt - solange, bis etwas schief geht und das Gesetz zuschlägt. Da hilft es ihr dann auch nichts mehr, daß sie im Gegensatz zu Isabelle Huppert bei Chabrol nichts an ihrem "Geschäft" verdient hat, daß die wirtschaftliche Notlage des Landes vielleicht mehr Vera Drakes gebraucht hätte oder daß die unsympathisch gezeichnete "gute Freundin", die Vera mit ihren Patientinnen zusammenführte, ohne Veras Wissen sehr gut daran verdient hat.
Doch, wie schon angedeutet, in Mike Leighs Film gibt es noch viel mehr zu entdecken als die Geschichte der Titelfigur. Wie Veras Familie auf ihr "Doppelleben" reagiert, wie nebenbei ein anderer Fall von (legalem) Schwangerschafts-Abbruch geschildert wird, und natürlich Veras neuer Schwiegersohn, einzigartig in seiner liebenswürdigen Weise - solche Details (und in Details ist Leigh ein Meister!) machen aus Vera Drake einen Film, den es sich lohnt, anzuschauen.
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