September 1944. Deutsche und Finnen sind Alliierte im Kampf gegen die Russen. Irgendwo in der Tundra Lapplands soll der finnische Scharfschütze Veiko für seinen Verrat (sprich: Pazifismus) bestraft werden. Man steckt ihn in eine deutsche SS-Uniform und kettet zusammen mit ein wenig Proviant, einem Gewehr und einer Handvoll Patronen an einen die Gegend überschauenden Felsen. Wenn die Russen ihn sehen, werden sie ihn wegen seiner Uniform erschießen, so er ihnen nicht zuvorkommt - so oder so ein Gewinn für das deutsche Vaterland. Solche Kamikaze-Scharfschützen haben den Namen Kukushka.
Während er vergeblich versucht, sich zu befreien, erblickt er mit dem Zielfernrohr seines Gewehrs einen Jeep der Russen. Darin befindet sich, so wird der Zuschauer gewahr, ein russischer Gefangener, dessen Vergehen ähnlich sympathisch ist - seine naturpoetischen Gedichte werden von den Russen als antisowjetische Propaganda gewertet.
Irgendwie gelangen diese zwei unterschiedlichen, aber doch ähnlichen Gestalten, in die Hütte der Lappin Anni, und obwohl keiner die Sprache des anderen spricht arrangieren die drei sich irgendwie. Anni, deren Mann vor vier Jahren als Soldat gezogen wurde und nicht wiederkehrte, hat nach vier Jahren ohne Mann plötzlich zwei Exemplare zur Verfügung und muss sich zwischen den zwei männlichen Kuckuckseiern entscheiden. Zwischen dem jüngeren und besser aussehenden Finnen, der zuviel plappert und unbedingt eine Sauna bauen will, ob wohl dies ähnlich wie übermäßiges Waschen bei den Witterungsverhältnissen von Nachteil ist. Oder dem ruhigeren Russen, der es sich in seinen alten Sturkopf gesetzt hat, die selbstgesammelten Pilze zu essen, obwohl Anni ihm mehrfach zu verstehen gibt, daß diese giftig seien. Außerdem mögen sich ihre beiden Untermieter nicht besonders. Während der frühere Literaturwissenschaftler Veiko in seinem grenzenlosen Pazifismus nach seiner Befreiung den Krieg für sich persönlich beendet hat, und dem Russen über Buchtitel (die allerdings auf Finnisch anders als auf Russisch klingen) seinen guten Willen demonstrieren will (“Ernest Hemingway: A Farewell to Arms“), hat der Genosse für den Faschisten nur Verachtung über und würde ihn lieber früher als später ermorden, selbst wenn ihm dies in seinem geschwächten Zustand schwerfällt.
Durch die Zutat einer liebeshungrigen Frau wird aus der alten Anti-Kriegsfilm-Story, daß zwei Kriegsgegner sich gemeinsam durchschlagen müssen (1968: John Boormans Hell in the Pacific, 1985: Wolfgang Petersens Enemy Mine, 1989: TNG-Folge The Enemy), nun auch noch ein Liebesfilm. Selten sah man den alten Slogan „Make love, not war“ kongenialer umgesetzt. Außerdem ist Kukushka auch noch eine Komödie über die Fallstricke der Kommunikation. Während sich das tägliche Überleben der Dreiergruppe recht einfach gestaltet und auch die universelle Sprache der Liebe viel hilft, sprechen die drei fast durchgehend „aneinander vorbei“, ohne es zu bemerken. Als Veiko bei einem seiner frühen Redeschwalle auf die Idee kommt, sich vorzustellen, entgegnet ihm der Russe nur „Poshjol ti“, was so viel wie „Zieh Leine!“ heißt. Fortan wird er von den anderen zweien „Poshjolti“ genannt, was in der deutschen Untertitelung mit dem lieblichen Namen „Ziehlein“ übertragen wurde.
Und so redet der eine über die Liebe und der andere über seine Sauna, Anni beschwert sich über Veikos Geruch, wobei sie mit der Hand vor ihrer Nase wedelt - und Veiko gibt zu, daß die Mücken störend seien. Und der Zuschauer hat dabei eine Menge Spaß. Vielleicht nicht ganz so viel Spaß wie Anni, die nach vier Jahren Zwangspause die Nacht wieder mit ihren Lustschreien durchdringen darf, aber Kukushka könnte durchaus als Beweis durchgehen, daß Kino fast so gut wie Sex sein kann.