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November 2005 | Thomas Vorwerk für satt.org | ||
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L'auberge espagnole
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Wer sich jetzt fragt, wie man die Abenteuer einer multinationalen studentischen Wohngemeinschaft fortführen soll, die sich zufällig für ein Studienjahr im Ausland getroffen hat, hat mitgedacht - genau wie Klapisch. Denn auch wenn die Übernahme des Ursprungstitels (diesmal mit dem Zusatz "Wiedersehen in St. Petersburg") ebenso wie der einzig in der Umgebungsfarbe veränderte Türspalt auf dem deutschen Plakat einem glauben machen will, daß alles genau so weitergeht wie im ersten Teil, so hat Klapisch sich etwas mehr bei Les poupeés russes gedacht.
Hauptdarsteller Xavier (Romain Duris) ist fünf Jahre älter geworden, und damit haben sich auch seine Probleme gewandelt. Sein Erstlingsroman über die L'auberge espagnole wurde nicht soi erfolgreich wie der Film und so hält er sich mit Gelegenheitsjobs (Ghostwriter, TV-Drehbücher) über Wasser, während er nach wie vor wenig (dauerhaften) Erfolg beim anderen Geschlecht hat. Schon die Konzentration auf Xavier und dessen charakterliche Entwicklung zeigt Klapischs Ehrerweisung für Truffauts Antoine Doinel-Reihe, und auch wenn spätestens in St. Petersburg bei der Hochzeit eines anderen (noch stärker gewandelten) ehemaligen Mitbewohners nahezu alle Darsteller aus dem ersten Film wieder zusammenkommen, geht es doch in Les poupeés russes keineswegs um die unbeschwerte Zeit in einer Studenten-WG. Und dadurch gewinnt der Film auch an Format, denn auch, wenn Klapisch wieder mit Verve und jeder Menge filmsprachlichen Kinkerlitzchen arbeitet, lässt er sich diesmal mehr Zeit für einige ausgewählte Figuren, zu denen man dann als Zuschauer auch eine größere Bindung aufbauen kann (statt sich nur über die verschiedenen Nationalitäten im filmischen Universum einzuordnen). Neben Romain ist da vor allem der vormals extrem oberflächliche William (Kevin Bishop) zu nennen, der im Film einen Liebesbeweis darbringt, der weit über das übliche romantische Filmgeplänkel hinausgeht. Seine Schwester Wendy (Kelly Reilly) soll mit Xavier zusammen ein Euro-Pudding-TV-Drehbuch erstellen (die kleinen Ausflüge in die Fernseh-Dramaturgie gehören zu den humoristischen Höhepunkten des Films), und auch die mittlerweile rundumgewandelte Lesbe Isabelle (Cécile de France) spielt diesmal eine größere Rolle, während Neus, Tobias, Alessandro, Lars und Soledad alle nur am Rande und der Vollständigkeit halber auftauchen. Doch - wie schon gesagt - der Film gewinnt dadurch an Kontur und Format, während L'auberge espagnole vor allem gute Unterhaltung - und nicht viel mehr - war, ist Les poupeés russes reifer - ohne dafür an Humor zu verlieren.
Wenn man den Film übrigens einem Genre zuordnen sollte, so wäre dies ganz klar die Romantic Comedy - dies als Warnung für die einen und als weiteren Appetithappen für die anderen.
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