Truman Capote war eine schillernde literarische Persönlichkeit, doch abgesehen von seinen Büchern (und deren Verfilmungen) Breakfast at Tiffany’s und In Cold Blood (Kaltblütig) sowie einer kleinen Rolle in der Krimikomödie Murder by Death (Eine Leiche zum Dessert, Robert Moore, 1975) wusste ich vor dem Film eher wenig über den Autoren. Fast noch interessanter fand ich, daß neben dem Golden Globe-Gewinner Philip Seymour Hoffman als Capote auch noch Catherine Keener im Film mitspielt, und zwar die mit Capote befreundete Autorin (Nelle) Harper Lee, deren Roman To Kill a Mockingbird (Wer die Nachtigall stört, ebenfalls verfilmt mit Gregory Peck, Brock Peters und Robert Duvall) zu meinen absoluten Lieblingsbüchern gehört. Nachdem ich über den Film und die damit verbundenen Recherchen (sprich: das Lesen des Presseheftes) nun auch noch erfahren habe, daß die Figur des Dill in To Kill a Mockingbird sich stark an Ms. Lees Jugenderinnerungen mit Capote anlehnt. Diese kleinen Details sind es, die das Leben (und die Kunst) verbessern.
Gerald Clarkes Biographie "Capote", die die Vorlage zum Drehbuch war, erschien 1988 nach 13 Jahren Arbeit, und allein, wie die Entstehungsumstände dieser Biographie die Entstehung von Capotes "Tatsachen-Roman" In Cold Blood widerspiegeln (um den es im Film geht), ließen mich direkt im Anschluß an die Filmvorführung in einen Buchladen gehen, um nach dem Buch zu schauen. Inzwischen sollten die Buchläden damit besser bestückt sein …
Ende 1959 ist Truman Capote bereits ein bekannter Schriftsteller und Drehbuchautor, der mit seinem dandyhaften Betragen und seiner selbst für damalige Verhältnisse fast unübersehbaren Homosexualität auch immer für eine Meldung in den Klatschspalten gut war. In der New York Times liest er vom Mord in der Familie Clutter in Kansas, und fährt zunächst zum Tatort, um für den New Yorker einen Bericht zu schreiben. Sehr bald wächst das gesammelte Material (Capote interviewt die Täter, freundet sich mit dem zuständigen Polizisten und seiner Frau an) aber auf ein Maß, daß Capote daraus einen Roman machen will. Und dabei begleitet ihn der Film.
Insbesondere Capotes facettenreiche Beziehung zu einem der Täter, Perry Smith (Clifton Collins jr.), macht den Reiz des Films aus. Capote bringt den in der Todeszelle sitzenden Smith mit der Literatur in Kontakt und erkennt sich schließlich sogar in dem jungen Mann wieder. Dadurch gewinnt er natürlich das Vertrauen Smiths, verliert aber gleichzeitig die Distanz, die für ihn als Autor vielleicht "gesünder" wäre. Doch immer wieder neue Aufschübe der längst verhängten Todesstrafe wird das Buchprojekt, das über Vorablesungen bereits Schlagzeilen macht, immer wieder verzögert, Capote selbst fast es so zusammen: "All I wanna do is write the ending, and there’s no ending in sight." Gegenüber Smith, der in Capote mittlerweile einen engen Freund und seine letzte Stütze sieht, verheimlicht Capote den Status des Buches, schließlich lässt er sich fast verleugnen und zerbricht fast an dieser Lebenslüge, die er für Qualität seiner Arbeit eingehen muß (und man muß an dieser Stelle kurz betonen, daß In Cold Blood die Literatur in Hinsicht auf den Einfluß der Realität wirklich revolutioniert hat).
Anhand der Entstehungsgeschichte von Harper Lees Roman To Kill a Mockinbird kann man den schleppenden Fortgang von Capotes Roman im Film sehr gut nachvollziehen. 1959 wird mal das Manuskript erwähnt, 1960 erscheint der Roman, wird mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet, und 1962 wohnen Lee und Capote bereits der Premiere der Verfilmung bei (leider ist nirgendwo ein Gregory Peck-Doppelgänger zu sehen). Die Exekution von Smith und Dunphy findet hingegen erst 1965 statt, und In Cold Blood erscheint 1966 als, wie der Film mit einer Schrifttafel betont, letztes vollendetes Buch des 1984 verstorbenen Capote.
Wenn Philip Seymour Hoffman das erste Mal was sagt in Capote, kann man den Film (oder zumindest die Darstellung) noch für eine Farce halten, doch nicht nur hat sich Hoffman genauestens an Details orientiert wie Tonaufnahmen Capotes, die seine kindlich wirkende Stimme für die Nachwelt festhielten, auch kommt man der Filmfigur Capote im Verlauf des Films immer näher, und auch, wenn man sein Verhalten nicht immer billigen oder gar gutheißen kann, leidet man mit ihm. Dies ist für manche Zuschauer (so habe ich erfahren) offenbar eine Tortur, ein kleines Meisterwerk ist der Film aber ohne Frage.