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April 2006
Thomas Vorwerk
für satt.org

Cesky Sen - Der tschechische Traum
Tschechien 2004

Plakat

Buch
und Regie:
Vít Klusák & Filip Remunda

Kamera:
Vít Klusák

Schnitt:
Zdenek Marek

Musik:
Hynek Schneider

Cesky Sen-Hymne-Text:
Tomás Hanák

Gesang:
Linda Finková und der Sedmihlásek Kinderchor

87 Min.

Kinostart:
6. April 2006

Cesky Sen
Der tschechische Traum

Nicht hingehen! - Nicht anstellen! - Kein Geld ausgeben!

Mit derartigen Slogans wurde für die Eröffnung des „Hypermarktes“ Cesky Sen geworben, der am 31. März 2004 auf einer Wiese in der Nähe Prags eröffnet werden sollte. „Am ersten Tag Überraschungen für jeden!“ Dazu gehörte allerdings nicht der auf dem Flugblatt mit 500 Kronen ausgezeichnete Fernseher, sondern vor allem jener „tschechische Traum“, der schließlich nur aus einer 10 x 100 Meter großen Kulisse bestand, einem farbenfrohen Transparent (natürlich ein Regenbogen!) vor einem robusten Metallgestell. Was am nächsten Tag (dem 1. April) in ganz Tschechien die Top-Nachricht war, ist offensichtlich.


Filmszene

Filmszene

Filmszene

Jenes Schelmenstück ist Teil der Abschlußarbeit zweier Prager Filmstudenten, deren größtes Kunststück bereits die Finanzierung des Projekts scheint. Die Legion der Sponsoren will beim Abspann des Films kaum abreißen, für ein zehnsekündiges Zeigen des Logos wurden die beiden Studenten für ihre Öffentlichkeitsauftritte von Hugo Boss ausgestattet, aber auch staatliche Fördergelder flossen in die perfide Aktion, das tschechische Fernsehen beteiligte sich ebenso wie ein anderer Hypermarkt, bei dem man die „Marktforschung“ betrieb, um die „Vermarktung“ möglichst auf die (nichterfüllten) Wünsche der Käuferschaft abzustimmen.

Zusammen mit einer angesehenen Werbeagentur wurde etwa das Logo kreiert (Eine Mischung zwischen Wolke und Denkblase), ein kompletter Popsong als „Hymne“ komponiert (“seht es mit den Augen der Kinder“ … „nehmt den Duft der Wiese in euch auf“) und ganz Prag mit diversen Plakaten (“Nicht hingehen!“ etc.) verziert. Wieviele Kauflustige trotz negativer Werbung zur Eröffnung auftauchten, wie früh sich die Menschen vor einem Zaun aufstellten, von dem aus man nur die mit einem Regenbogen illustrierte „Ladenfront“ sehen konnte, und vor allem, wie die Leute auf die Verarsche reagierten (die Regisseure befürchteten, sie könnten gesteinigt werden - deshalb vielleicht auch die Wiese …), all das erfährt man in dieser Filmdokumentation, die im Gegensatz zur dahinter stehenden Aktion keineswegs eine Mogelpackung ist, sondern durchaus auch das filmische Talent der zwei jungen Männer (am Sonnenaufgang des Eröffnungstages) demonstriert.

Und schließlich zeigt sich auch noch, wie so eine an sich harmlose Aktion sich zu einem Politikum entwickeln kann, weil der tschechische Premier zur selben Zeit auch unzählige Werbegelder in eine Pro-EU-Kampagne steckte, deren Sinn und Nutzen bevorzugt mit der staatlich geförderten Filmverarsche verglichen wurde. Warum der deutsche Verleih es aber versäumt hat, den Film vor dem 1. April in den Kinos zu starten, das erklärt der Film nicht …