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März 2007 | Thomas Vorwerk für satt.org | |
Der letzte König von Schottland
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Bilder © 2007 Twentieth Century Fox |
Es ist ein gutes Zeichen, daß nach den diesjährigen Oscar- und Golden Globe-Verleihungen nicht das Thema der Hautfarben der ausgezeichneten Darsteller zum Hauptthema avancierte. Drei von sechs Golden Globes und zwei von vier Oscars sprechen eine beredte Sprache. Daß nach Philip Seymour Hoffman für Capote nun mit Forest Whitaker zum zweiten Mal hintereinander der Beste Hauptdarsteller nicht den gängigen Schönheitsidealen entspricht (vgl. die Nominierten Leonardo DiCaprio, Heath Ledger, Will Smith, Ryan Gosling, selbst Joaquin Phoenix sieht verglichen mit Whitaker oder Hoffman wie ein Adonis aus), ist ebenfalls ein gutes Zeichen.
Ähnlich wie Philip Seymour Hoffman war Forest Whitaker Zeit seiner Karriere ein oft in Nebenrollen verramschter erstklassiger Schauspieler, dessen Talent schon bei seinem frühen Auftritt in Scorseses The Color of Money auffiel, der aber insbesondere durch die Rollen in Clint Eastwoods Bird, Neil Jordans The Crying Game und Jim Jarmuschs Ghost Dog sich sogar einen Star-Status erarbeitete, den man einem dicklichen Schwarzen mit Hängelid nicht unbedingt zugetraut hätte.
Als Idi Amin kann er alle Facetten seines Könnens ausspielen, von kindlicher Naivität plötzlich in unberechenbare Grausamkeit umschwingen und so dem Zuschauer das Fürchten lehren, ihm aber gleichzeitig wie in den vieldiskutierten Hitler-Biopics durch eine interessante Charakterstudie einen Einblick in das Innenleben eines genozidalen Diktators geben. Für Forest Whitaker lohnt sich auch in diesem Fall der Kinoeintritt, und an dieser Stelle hätte die Kritik auch schon zuende sein können.
Doch da gibt es noch einen als Dokumentarfilmer oscargekrönten Regisseur, der sich in seinem Spielfilmdebüt ein wenig zu weit von den früheren Idealen entfernt, und zwar viel recherchiert haben soll und es sogar auf sich nahm, in Uganda zu drehen, dabei aber einem nur in Maßen überzeugenden Drehbuch (Co-Autor Peter Morgan bekam dieses Jahr für The Queen immerhin beinahe einen Oscar) auf den Leim ging. Dieses, eine Romanadaption, stellt dem Diktator nämlich einen seltsamen Antihelden zur Seite, der, und da kommen wir wieder zu meinen üblichen Vorurteilen, natürlich von einem gutaussehenden Briten gespielt wird, der demnächst neben Keira Knightley in Atonement stehen wird, und sich aufgrund seiner Rollen in Starter for Ten und einem Jane Austen-Biopic gute Chancen ausrechnen kann, sowas wie der nächste Hugh Grant zu werden. (Zufällig habe ich die beiden frischverfilmten Romane gelesen, und bilde mir deshalb ein, solche Prognosen wagen zu können.) James McAvoy überzeugt in den ersten Szenen des Films auch durchaus, hat Charisma und kann ohne Probleme einen abendfüllenden Spielfilm tragen. Wenn er als Dr. Nicholas Garrigan gegenüber seinem Vater, Dr. Garrigan (dem Älteren), rebelliert, und sich mithilfe eines Globus für einen Standort seiner medizinischen Verrichtungen entscheidet (wobei Kanada natürlich nicht in Frage kommt, und man den Globus ein zweites Mal dreht), stellt man sich als Zuschauer auf einen gelungenen Abend ein. Doch kaum ist er in Uganda angekommen und soll dort einem Dr. Merrit Hilfe leisten, fällt ihm nicht eiligeres ein, als dessen Gattin (eine blonde Gillian Anderson) aufs Schärfste anzubaggern, und wenn er im weiteren Verlauf des Films zu Idi Amins Leibarzt aufsteigt, steht es eigentlich von Anfang an fest, daß er auch dessen Gattin (zumindest eine aus dem erlauchten Kreis) wie ein minderbemittelter Sextourist besteigen wird, ohne Rücksicht auf Verluste.
Und ähnlich wie sein waghalsiger Gnadenakt an einer angefahrenen Kuh, den mir das Presseheft und eine Expertin für Wildwechsel-Unfälle erst erklären mussten, hat mich dieser junge Arzt, der so gar nicht dem Berufsbild entspricht, teilweise mehr abgestossen als der blutrünstige Tyrann, mit dem er Fußball spielt oder den er von seinen Blähungen befreit. Wenn wir mit Garrigans Augen langsam erfahren sollen, daß Idi Amin kein Freund des Volkes ist, sondern ein Wahnsinniger, wird dies nicht unbedingt dadurch überzeugender, daß dieser Garrigan oberflächlich, arrogant, notgeil und dumm ist. Nebenbei gebiert sich der Film auch noch als 70er-Jahre-Nostalgie und präsentiert kaffeebraune Gogo-Girls oder die weltbewegende Frage, ob das Kuriosum in Deep Throat medizinisch möglich wäre. Und wie so ein nicht eben geschmackssicheres Kuriosum wirkt The Last King of Scotland auch oft, daran kann die schauspielerische Leistung von Linda Lovelace - pardon, Forest Whitaker! - auch nichts ändern.
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