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Juli 2007
Thomas Vorwerk
für satt.org


Die Simpsons - Der Film (R: David Silverman)
Die Simpsons - Der Film (R: David Silverman)
Die Simpsons - Der Film (R: David Silverman)
Die Simpsons - Der Film (R: David Silverman)
Die Simpsons - Der Film (R: David Silverman)
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Die Simpsons - Der Film (R: David Silverman)
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Die Simpsons - Der Film (R: David Silverman)
Die Simpsons - Der Film (R: David Silverman)

Die Simpsons - Der Film
(R: David Silverman)

Originaltitel: The Simpsons Movie, USA 2007, Buch: James L. Brooks, Matt Groening, Al Jean, Ian Maxtone-Graham, George Meyer, David Mirkin, Mike Reiss, Mike Scully, Matt Selman, John Swartzwelder, Jon Vitti, Musik: Hans Zimmer, mit den Originalstimmen von Dan Castellaneta (Homer Simpson), Julie Kavner (Marge Simpson), Nancy Cartwright (Bart Simpson), Yeardley Smith (Lisa Simpson), Harry Shearer (Ned Flanders, President Schwarzenegger), Albert Brooks (Russ Cargill), Maile Flanagan (Colin), Tom Hanks (Himself), Green Day (Themselves), Hank Azaria (Moe Szyslak), Joe Mantegna (Fat Tony), Kelsey Grammer (Sideshow Bob), Pamela Hayden (Milhouse Van Houten), 88 Min., Kinostart: 26. Juli 2007

Nach etwa 20 Jahren kommen die Simpsons nun also auf die große Leinwand - erstaunlicherweise ging das sogar bei Star Trek schneller. Der große Unterschied besteht aber darin, daß es die Fernsehserie immer noch gibt, die 19. Staffel ist gerade angesagt. Im Pressematerial wird man nicht müde, darauf hinzuweisen, daß man sich besonders viel Zeit gelassen hat, um u. a. zu gewährleisten, daß der Film nicht wie “drei aneinandergehängte Episoden” wirkt (88 durch 22 gleich 4, aber das nur am Rande), denn ein abendfüllender Spielfilm funktioniert nun mal nach ganz anderen Regeln, und soweit ich weiß (seit etwa Staffel 12 schaue ich kein Fernsehen mehr) gab es an einer auch nur vergleichbaren Länge nur die Doppelfolge Who shot Mr. Burns?, an die ich während des Films zumindest deshalb erinnert wurde, weil man sich auch diesmal besonders viel Mühe gegeben hat, jeden Bewohner von Springfield mal irgendwie ins Bild zu bringen, und den meisten auch irgendeinen Satz zu gönnen.

Denn auch wenn ich beim Drehbuch (von nicht weniger als elf versierten Autoren der Serie etwa 100mal umgeschrieben und verfeinert) schätze, daß die fünf Mitglieder der titelgebenden Familie alle ihre eigenen Subplots, ganz persönliche Probleme und Abenteuer durchleben, ehe dann eines der größten und weitgreifendsten Abenteuer der Simpsons-Geschichte die dysfunktionale Familie erneut zusammenfinden lässt, so ist es irgendwie auffällig, daß unter der Zielsetzung, jeden Mal zu Wort kommen zu lassen (also etwa Fat Tony, Kletus oder Nick Riviera) ausgerechnet die geheimen Lieblinge der Serie etwas weniger zu sagen haben. Mit Ausnahme von Ned Flanders, der Bart mal wieder weismachen will, er könne ein besserer Vater sein als Homer, haben viele berühmte Bürger Springfields wie Herschel Krustowsky, Apu Nahasapeemapetilon, Montgomery C. Burns oder Seymour Skinner leider immer nur wenige Dialogsätze, was einer der wenigen Kritikpunkte an einem ansonsten vollends gelungenen Kinospaß ist.

Auf der großen Leinwand ist vieles etwas größer: die Probleme, die Massenszenen, die aufwendigen Verfolgungsjagden. Und natürlich sind die Simpsons auch mindestens so respektlos wie im Fernsehen. Der Unterschied zur Fernsehserie wird mehrfach thematisiert. Schon zu Beginn schimpft Homer auf Idioten, die ihr gutes Geld für etwas aus dem Fenster schmeißen, was sie im Fernsehen umsonst gehabt hätten, später gibt es ein eingeblendetes Textband, daß auf Programmhöhepunkte bei Fox-TV hinweist, und als Tafelspruch kommt natürlich “I will not illegally download this movie”. Doch auch hier beschleicht einen das Gefühl, daß eine Checkliste abgearbeitet wurde:

  • Titelthema von zeitgenössischen Musikern interpretiert: Green Day, check.
  • Prominente Gaststimme: Tom Hanks, check.
  • Auftritt eines US-Präsidenten: President Schwarzenegger, check.
  • Bombastische Itchy & Scratchy-Episode: check.
  • Disney-Verarsche: check.
  • Politisch unkorrekte Scherze über Frauen, Schwarze, Schwule: check, check, check.
  • Filmanspielung Kubrick: check.
  • Filmanspielung für das Mainstream-Publikum: Titanic, check.
  • Unerwartete Filmanspielung: Night of the Living Dead, check.
  • Unerwartete Zurschaustellung von Barts Geschlechtsorgan: check.
  • Wenig heldenhafter Tod eines Springfelders: check.
  • Telefonstreich: sowas ähnliches.
  • Nelson sagt “Har har!”: check.
  • Homer sagt “D’oh!”: check.
  • Detailauflösung, wie Homers Gehirn funktioniert: check.
  • Maggie sagt ihr erstes Wort: check.
  • undsoweiterundsofort, eigentlich fehlen nur das Baby mit der einen Augenbraue, Hans Moleman (oder ist der schon tot?), Uter, Troy McClure, Richard Nixon und Adolf Hitler, und wahrscheinlich habe ich die nur bei den Massenszenen übersehen.

Natürlich gibt es ganz großartige Momente (angesichts des drohenden Weltuntergangs wechseln die Besucher der Kirche und von Moe’s Bar unisono ihre Aufenthaltsorte), und oft lacht man Tränen (“Wie kommen die Fußspuren des Schweines an die Decke?”), und eigentlich erfüllt der Film alle Erwartungen. Bis auf eine: Daß man insgeheim hoffte, den großartigsten Animationsfilm aller Zeiten zu sehen. Und da ist selbst in diesem Kinojahr mit Ratatouille bereits eine harte Konkurrenz im Rennen. Aber: ich bin mir sicher, beim fünften Mal schauen auf DVD wird man beim Simpsons Movie noch weitaus mehr bahnbrechende Details und kleine Scherze finden als bei Ratatouille, denn der Simpsons-Film ist etwas für die Ewigkeit und nicht nur die laufende Jahresproduktion. Und falls es irgendwann tatsächlich ein Sequel geben sollte, wird die Messlatte noch höher gewandert sein …