The Elephant King
(R: Seth Grossman)
USA / Thailand 2006, Buch: Seth Grossman, Kamera: Diego Quernada-Diez, Schnitt: Lee Chatametikool, Inbal B. Lessner, Musik: Adam Balasz, mit Tate Ellington (Oliver), Jonno Roberts (Jake), Florence Faivre (Lek), Ellen Burstyn (Diana), Josef Sommer (Bill), Pawalit Mongkolpisit (Daeng), Debra Azar (Linda), 90 Min., Kinostart: 5. Juni 2008
“This is where elephant live when they poor.”
Und nochmal zwei ungleiche Brüder. Der ältere und auf den ersten Blick coolere, Jake (Jonno Roberts) schreibt angeblich in Thailand die Geschichte eines Anthropologen, der als Kickboxer reich wurde, was sich aber schnell als eine euphemistische Auslegung seiner Biographie erweist, denn zwischen Discobesuchen, Alkohol- und Drogenexzessen und anderen kostspieligen Hobbys, verbrät er vor allem das Geld seiner Mutter (Ellen Burstyn), der die zweite Hypothek über den Kopf zu drohen scheint.
Der kleine Bruder, Oliver (Tate Ellington) versucht sich hingegen, ohne elterliche Unterstützung im amerikanischen Heimatort durchzuschlagen - vorerst als Tellerwäscher, was natürlich zu Parallelmontagen von der Waschküche zum Swimming Pool des relaxten Bruders Anlass gibt. Zu Beginn wirkt gerade die Photographie des Films erschreckend schaugewerblich, doch The Elephant King ist ein cleverer Independent-Film, der trotz geringem Budget auch Schauwerte liefern will, und deshalb darf man diese ästhetischen Entgleisungen nicht gleich gegen den Film auslegen.
Oliver, der eine liebenswerte Geekiness à la Tobey Maguire als Peter Parker versprüht, bricht gegen den Wunsch der Mutter (und mit zweideutigen Tips des über Thai-Porno-Seiten im Internet bestens informierten Vaters) ebenfalls nach Thailand auf, vorgeblich, um zu versuchen, den “verlorenen Sohn” zurückzubringen. Doch das Wiedersehen mit dem ein wenig wegen seiner Coolness angehimmelten älteren Bruder, die Urlaubsatmosphäre, coole Drinks und heiße Thaimädchen - also genau der Widerspruch, den man als Zuschauer schon bei den frühen Parallelmontagen erleben konnte - führen schnell dazu, dass Oliver nicht mehr übermäßig schnell zurückkehren will, und er sich die Tricks seines Bruders gegen die andauernden Telefonattacken der Mutter abschaut.
Besonders angetan hat es Oliver die vom Fotomodell Florence Faivre gespielte Lek, die er schon in der ersten Nacht in der Gesellschaft seines Bruders kennengelernt hat, und die ihn sogar den Jet Lag vergessen ließ. Oliver steigert sich in eine Liebesgeschichte hinein, und um ihn herum werden die Anzeichen, dass Jake verteufelt in der Klemme sitzt, immer unübersehbarer. Als titelgebende fleischgewordene Metapher kauft man sich in Bierlaune einen Elefant, der nicht nur aufgrund seiner Nahrungsansprüche und der entgegengesetzten Ansichten der Vermieterin, wozu man den Pool nutzen kann, zu einem Problem wird, sondern auch noch tierärztlicher Pflege bedarf.
The Elephant King nutzt eine preiswerte Urlaubsvideo-Ästhetik, junge, aber talentierte Darsteller und den geschickten Umgang mit Ellipsen (insbesondere bei zwei “blutigen” Szenen) und einer Traumvision, um mit preiswerten Mitteln eine tiefergehende Geschichte zu erzählen. Hierbei verliert man sich zwar teilweise in Klischees (die Thaigeilheit von Josef Sommer als Vater oder der immerhin einen großen Lacher bringende Ratschlag der Mutter “Und nimm Dich in acht vor diesen AIDS-Bakterien”), aber gerade in leisen, subtilen Momenten zeigt sich das Talent des jungen Regisseurs und Autors. Ein wirklicher Höhepunkt ist die Figur des Daeng, des armen thailändischen Freunds von Lek, der ebenfalls von den Touristen lebt und für sie musiziert, aber auch seine Würde behalten möchte, und so aus nicht für jedermann nachvollziehbaren Gründen plötzlich aufhört zu spielen, oder auch mal einen Song in der Landessprache bringt, “für alle thailändischen Frauen mit Ausländern”, der dann den neugierigen Touristen als Song über das “Leben in Thailand” erklärt wird, obwohl es um den Absturz in die Prostitution geht ...
“Erinnerst Du Dich noch, wo Du herkommst?”