Happy-Go-Lucky
(R: Mike Leigh)
UK 2008, Buch: Mike Leigh, Kamera: Dick Pope, Schnitt: Jim Clark, Musik: Gary Yershon, mit Sally Hawkins (Poppy), Alexis Zegerman (Zoe), Andrea Riseborough (Dawn), Samuel Roukin (Tim), Sinead Matthews (Alice), Kate O'Flynn (Suzy), Sarah Niles (Tash), Eddie Marsan (Scott), Joseph Kloska (Suzy's friend), Sylvestra Le Touzel (Heather), Elliot Cowan (Bookshop Assistant), Karina Fernandez (Rosita Santos, Flamenco-Teacher), Nonso Anozie (Ezra), Trevor Cooper (Patient), Philip Arditti (Flamenco Student), Tim Glanfield (Man in Pub), Jack MacGeachin (Nick), Oliver Maltman (Jamie), Rebekah Staton (Flamenco Student), Stanley Townsend (Tramp), 118 Min. Kinostart: 3. Juli 2008
Die Kindergärtnerin Pauline (Sally Hawkins) wird immer nur Poppy genannt, und ist in ihrer überdrehten Art etwas nervig, aber liebenswert. Zusammen mit ihrer Schwester Suzy und den Freundinnen Zoe, Dawn und Alice geht sie gern mal in die Disco (etwas aufdringlich, dass ausgerechnet Pulps Common People gespielt wird), und ihr Leben wäre so glücklich wie ereignislos, wenn sie nicht, nachdem ihr Fahrrad gestohlen wurde, auf die Idee gekommen wäre, den Führerschein zu machen. Ihr Fahrlehrer, der stolz darauf ist, noch nie bei einem Schüler aufgegeben zu haben, teilt Poppys Disposition offenbar nicht, und nach und nach wird ihr (und dem Zuschauer) klar, dass er eher ein totaler Gegenentwurf zu ihr ist. Voller Wut auf alles und jeden, zutiefst spießig und auf sein seltsames Lehrsystem eingeschworen, und als wenn das noch nicht reichen würde, auch noch verklemmt und politisch fragwürdig. Wenn zwei Farbige auf Fahrrädern vorbeikommen, der Fahrschülerin zu sagen, sie soll die Tür verriegeln, ist kein gutes Zeichen.
Bilder ©TOBIS Film
Anstelle einer ausgeprägten Story erzählt Happy-Go-Lucky vor allem vom Leben Poppys. Vom Job, vom Ausgehen, von den Fahrstunden, vom Flamenco-Unterricht, vom netten Sozialarbeiter Tim, den sie kennenlernt ...
Und der Film stützt sich ganz auf die Darstellung von Sally Hawkins, immer etwas überdreht, aber mit einer nachzuahmenden Lebensphilosophie. Selbst, wenn ihr das fahrrad gestohlen wird, bereut sie nur, dass sie keine Zeit mehr hatte, sich davon zu verabschieden ...
Bei der Berlinale gab es dafür den Silbernen Bären als beste Darstellerin. Nicht jeder Kritiker hatte damit gerechnet, aber von den Auszeichnungen war die für Sally hawkins vielleicht die, mit der der größte Prozentsatz der Berlinalebesucher auch zufrieden war. Ähnlich wie bei den zahlreichen Nebenrollen-Oscars bei Woody-Allen-Filmen ist dies zumindest indirekt auch eine Ehrerbietung an Mike Leigh, den Regisseur und Autor, der die Figur der Poppy, wie so oft und von Regisseuren wie Andreas Dresen erfolgreich nachgeahmt, zusammen mit der Darstellerin entwickelte. Und trotz der mitunter absurden Verhaltenszüge Poppys macht dies wohl den Realismus der Figur aus. Ein so knallbunter Film mit dauergrinsender Hauptdarstellerin (man stelle sich Jennifer Garner oder Julia Roberts vor!) wäre als verfilmtes Hollywooddrehbuch mit ausgefeilten Dialogen womöglich unerträglich gewesen. Doch Mike Leigh hat nicht nur ein mit seinen Darstellern abgestimmtes untrügliches Comedy-Timing, trotz allen Optimismus bleibt der Film auch realistisch und spannend, könnte jederzeit in ein Drama wie Naked umschlagen – tut es aber, und hier kann man ruhig sagen glücklicherweise, nicht.