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15. Oktober 2008
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Neulich in Belgien (R: Christophe van Rompaey)
Neulich in Belgien (R: Christophe van Rompaey)
Bilder © 2008 Senator Film
Neulich in Belgien (R: Christophe van Rompaey)
Neulich in Belgien (R: Christophe van Rompaey)
Neulich in Belgien (R: Christophe van Rompaey)

Neulich in Belgien
(R: Christophe van Rompaey)

Originaltitel: Aanrijding in Moscou, Belgien 2008, Buch: Jean-Claude van Rijckeghem, Pat van Beirs, Kamera: Ruben Impens, Schnitt: Alain Dessauvage, Musik: Tuur Florizoone, mit Barbara Sarafian (Matty), Jurgen Delnaet (Johnny), Johan Heldenbergh (Werner), Anemone Valcke (Vera), Sofia Ferri (Fien), Julian Borsani (Peter), Bob de Moor (Jacques), Jits van Belle (Iris), Lisa Buytaert (Nancy, Polizistin), Rania Gaaloul (Benni, Polizistin), Frederik Imbo (Maxime), Griet van Damme (Nathalie), 105 Min., Kinostart: 16. Oktober 2008

Nehmen wir eines gleich vorweg: Der deutsche Verleihtitel “Neulich in Belgien” ist so nichtssagend wie blödsinnig. So mag vielleicht ein Seitengag von Don Martin beginnen, aber abgesehen davon, dass Belgien aus internationaler Sicht wie ein unterentwickeltes Filmland wirkt, würde ja auch niemand auf die Idee kommen, einen Film “Kürzlich in Kanada” oder “Gestern in Genua” zu nennen. Insbesondere, da es in Aanrijding in Moscou (Moscou ist ein Stadtteil von Gent) auch gar nicht besonders um belgische Besonderheiten geht, der Film könnte genauso in Frankfurt oder Yokohama spielen. Und selbst “Senf und Designerschuhe” oder “Angebumst” würde über die Geschichte weitaus mehr verraten als Neulich in Belgien.

Während ihr Gatte Werner sich seit fünf Monaten, zwei Wochen und drei Tagen mit einer seiner Kunststudentinnen vergnügt (die als SMS-Signal ein Running-Gag-Dasein im Film führt), muss Matty sich mit den drei Kindern herumschlagen, und fährt dabei auf einem Supermarkt-Parkplatz dem Lastwagenfahrer Johnny in seine Maschine. Zunächst verläuft diese Begegnung wie ein herkömmliches Streitgespräch nach einem Unfall, doch plötzlich fällt Johnny ein, seinen Charme einzuschalten, was aber auf Matty zunächst keinen Eindruck macht. Sie beachtet ihn ebensowenig wie jenen Bestatter, der an ihrem Postschalter immer wieder nach einer Date-Möglichkeit nachhakt. Doch Johnny ist da hartnäckiger und aggresiver und repariert zum Beispiel Mattys Kofferraum, dessen Schloss beim Unfall weitaus mehr gelitten hat als der LKW. Und so kommt es trotz eines ebenfalls unübersehbaren Altersunterschieds (Johnny ist 29, Matty 43) zu einem Techtelmechtel, das der Familie und dem plötzlich wieder interessierten Gatten nicht lange verheimlicht werden kann.

Der Film erinnert ein wenig an Andreas Dresen, nur mit dem entscheidenden Unterschied, dass hier diverse potentielle Reiz- und Problemthemen mit einer charmanten Lässigkeit am Rande erwähnt werden, ohne dass sie sich in den Mittelpunkt drängen oder die Stimmung des Films über Gebühr beeinflussen. So hat man (einige Spoiler in den nächsten zwei Zeilen) den bei Dresen schon fast standardisierten Ehebruch, das Coming-Out der fast 17jährigen Tochter, gleich zwei psychologische Probleme bei Johnny und jede Menge Midlife-Crisis, doch Matty will einfach nur ein “normales” Leben, das man ihr als Zuschauer auch gönnt. Doch andererseits freut man sich auch diebisch, wenn weiterhin einiges schiefgeht, sich die zwei Männer in ihrem Leben in Blödigkeiten übertrumpfen, und dieser Film vor allem durchweg amüsant bleibt, auch wenn er “nur” eine Geschichte erzählt, wie sie irgendwo “neulich” hätte passieren können ...