Mein Freund
aus Faro
(R: Nana Neul)
Deutschland 2008, Buch: Nana Neul, Kamera: Leah Striker, Schnitt: Dora Vajda, Musik: Jörg Follert, mit Anjorka Strechel (Mel Wandel), Lucie Hollmann (Jenny Schmidt), Manuel Cortez (Nuno), Tilo Prückner (Willi Wandel), Florian Panzner (Knut Wandel), Isolda Dychauk (Bianca), Kai Malina (Bernd), Philipp Quest (Malte), Julischka Eichel (Vicky), 87 Min., Kinostart: 30. Oktober 2008
Das Interessanteste (und auch eine der gefährlichsten Schwächen) von Spielfilmdebüts sind jene Momente, wo man aufgrund fehlender Gelder filmische Momente anders auflösen muss. Das kann für den Zuschauer sehr interessant sein, kann aber auch sehr schnell die filmische Illusion, wenn schon nicht zerstören, dann zumindest beeinträchtigen. Wenn jemand wie Jean-Luc Godard bei A bout de souffle den Jump-Cut zum Inszenierungsprinzip erhöht, so gab es natürlich diejenigen, die ihn für sein Dilletantentum steinigen wollten, über die Jahre scheint sich aber doch durchgesetzt zu haben, dass dies ein kleiner Geniestreich war. Nana Neul ist von Jean-Luc Godard schon eine Ecke entfernt, und wenn sie in Mein Freund aus Faro einen Autounfall so inszeniert, dass man wahrscheinlich keine Stuntmen gebraucht hat, dann will man sie nicht unbedingt für diesen Wagemut preisen, sondern fragt sich, ob sie allen Ernstes glaubt, dass der Zuschauer diese Szene ohne weiteres schluckt. Der Führer des Fahrzeugs zeigt sich besorgt um das angefahrene junge Mädchen, und nimmt es zusammen mit der guten Freundin schließlich mit zur nahe gelegenen Disco, und bis dann haben die Mädchen bereits erfahren, dass der freundliche Sonntagsfahrer Miguel heißt und aus Portugal (genauer gesagt Faro) stammt. Nach dieser “Light-Version” eines Autounfalls stellt sich aber heraus, dass der gesamte Film eine “Light-Version” des oscar-prämierten Boys don’t cry ist, denn Miguel heißt eigentlich Mel, und das der Nachname dieser Figur “Wandel” ist, konnte die Jury beim Max-Ophüls-Preis erstaunlicherweise nicht davon abbringen, den Preis für das beste Drehbuch in diesem Jahr an Mein Freund aus Faro zu verleihen.
Nun ist Mein Freund aus Faro beileibe kein schlechter Film, und Regie und Darsteller (auch wenn größtenteils Fernseh-Fluppen) stellen teilweise Erstaunliches auf die Beine, aber die ganze Prämisse ums Coming-of-Age, das Finden der sexuellen Identität und die unterdrückte Gewalt gegen Andersdenkende hätten etwas Interessanteres verdient als dieses sehr überschaubare Drehbuch-Konstrukt, das mit Geschwistern, die Bernd und Bianca heißen oder homophoben Graffiti, die sich in der Vokabel “Mösenlecker” erschöpfen, oftmals unfreiwillig komisch ist. Und wenn tatsächlich mal jemand nicht länger darüber nachdenkt, bevor er den biblisch “ersten Stein” wirft, dann zeichnet sich auch diese zweite “Action”-Szene durch ihre unbeholfene Inszenierung aus. Das Potential ist unübersehbar, aber die Ausführung manchmal peinlich.