|


 Bilder © Element Pictures



|
Garage
(R: Lenny Abrahamson)
Irland 2007, Buch: Mark O’Halloran, Kamera: Peter Robertson, Schnitt: Isobel Stephenson, Musik: Stephen Rennicks, mit Pat Shortt (Josie), Anne-Marie Duff (Carmel), Conor J. Ryan (David), John Keogh (Mr. Gallagher), Tommy Fitzgerald (Declan), Suzy Lawlor (Louise), Don Wycherly (Breffni), Andrew Bennett (Sully), Denis Conway (Garda Michael), 85 Min., Kinostart: 12. März 2009
Lenny Abrahamsons Regie-Debüt Adam and Paul lief 2005 in der Panorama-Sektion der Berlinale, und ich kenne niemanden, der den Film dort gesehen hat und nicht sehenswert fand (Grüße an Benjamin, Elisabeth, Friederike und Kathi!). Mit etwas Verspätung (Cannes 2007) kommt nun sein zweiter Film ins Kino (dem fugu Filmverleih sei Dank!), der sogar vom selben Drehbuchautoren stammt (Mark “Adam” O’Halloran spielt diesmal aber nicht mit), und auch dieselbe Mischung von lakonischer Alltags-Tristesse à la Kaurismäki mit einem unterschwelligen, oft im Halse steckenbleibenden Humor vorführt. Der Regisseur nennt diese Genre-Schöpfung “Slapstick-Tragödie”.
Josie (dargestellt vom in Irland bekannten Komiker Paul Shortt) führt in einem kleinen irischen Kaff (irgendwo zwischen “malerisch” und “heruntergekommen” anzusiedeln) eine Tankstelle. Er ist nicht der Besitzer, nicht der Geschäftsführer, sondern nur derjenige, der jeden Tag dort auf Kundschaft wartet, nach Dienstschluss noch ein Bierchen kippt, und so er dies im Pub tut, mitunter auch noch hopsgenommen wird mit Sprüchen wie “What’s new in petrochemicals?” Josie ist nicht der hellste, aber ein harmloser und herzensguter Mensch, der mit seinen bescheidenen Lebensumständen (er besitzt nicht einmal einen Dosenöffner) offensichtlich zufrieden ist. Wäre Garage ein deutscher Film, wäre er wahrscheinlich von Horst Krause (Wir können auch anders) gespielt worden. Hin und wieder träumt Josie womöglich davon, dass zwischen ihm und der Verkäuferin Carmel was laufen könnte, aber besonders wahrscheinlich scheint selbst ihm das nicht zu erscheinen.
Sein Chef, Mr. Gallagher, unterstellt ihm nun den minderjährigen David als (angesichts der kläglichen Kundschaft komplett überflüssige) Hilfe in der Tankstelle, offensichtlich, um mit Davids Mutter allein sein zu können, und obwohl David Josie geistig überlegen scheint, entwickelt sich eine kleine Freundschaft, auch weil Davids bester Freund Declan ebenfalls gerade mit dem anderen Geschlecht beschäftigt ist, und Josies Vorrat an Bierdosen, den er bereitwillig teilt, schier unerschöpflich scheint.
Der Humor des Film nährt sich vor allem aus Josies Enthusiasmus, wenn er als “Geschäftsidee” das Motoröl-Regal vor den Verkaufsstand rollt oder David umständlich die Registrierkasse erklärt (was offenbar an seine Grenzen geht), während Declan und seine Freundin sich halbtot lachen.
Während der drollige Dorfdepp zunächst auch den Spott der Zuschauer auf sich zieht, entwickelt sich langsam ein Einblick in seine Psyche. Wir lernen, wie Josie “tickt”, auch wenn sich dabei einige Puzzleteile nicht zusammenfügen scheinen. Einerseits füttert er gern ein Pferd, das zwischen dem Pub und der Tanke im Wald grast, andererseits scheint es ihn kalt zu lassen, wenn ein Bekannter den Nachwuchs seiner Hündin mithilfe eines Sackes im Fluß ersäuft. So funktioniert die Welt nun mal, was stört, wird weggemacht.
Wie es durch die Szene mit den Hündchen bereits angedeutet wurde und auch in Adam and Paul auf lange Sicht unumgänglich wirkte, entwickelt sich auch Garage zur Tragödie, weil Josie trotz seiner besten Absichten bestimmte Aspekte seiner Umwelt einfach nicht durchdringt, und mit schlimmen Dingen konfrontiert wird. Hier betritt der Film teilweise sogar eine sehr symbolische Ebene, wenn Josie das Pferd füttern will, das plötzlich angebunden ist (womöglich waren die halbverfaulten Äpfel ja nicht gut für “Horse”), und Josie über den Zaun klettern muss. Geringfügigste Vergehen entwickeln hier eine plötzliche Brisanz, die wie beim Schlag des Schmetterlingsflügel laut Chaostheorie unerwartete Kausalitäten hinter sich ziehen.
Dass Garage nicht jede Frage beantwortet, die der Film auch nicht unbedingt stellt (wie viele Fragen der Film stellt, hängt eher vom Betrachter ab, was durchaus zu Josies Universum passt), zeichnet den Film aus. Statt zu einem Politikum Stellung zu beziehen, geht es eher auf lyrische Art um die Absurdität, die dem Leben innewohnt.