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11. Juni 2009
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Obsessed (R: Steve Shill)
Obsessed (R: Steve Shill)
Obsessed (R: Steve Shill)
Bilder © 2009 Sony Pictures Releasing GmbH
Obsessed (R: Steve Shill)
Obsessed (R: Steve Shill)
Obsessed (R: Steve Shill)


Obsessed
(R: Steve Shill)

USA 2009, Buch: David Loughery, Kamera: Ken Seng, Schnitt: Paul Seydor, Musik: James Dooley, mit Idris Elba (Derek), Beyoncé Knowles (Sharon), Ali Larter (Lisa), Jerry O'Connell (Ben), Bonnie Perlman (Marge), Christine Lahti (Reese), Nathan & Nicolas Myers (Kyle), Matthew Humphreys (Patrick), Scout Taylor-Compton (Samantha), Richard Ruccolo (Hank), Bryan Ross (Security Man), Nelson Mashita (Doctor), Bruce McGill (Joe Gage), Ron Roggé (Roger), 108 Min., Kinostart: 11. Juni 2009

Auch Obsessed gehört zu den Filmen, die das Klassenziel erreicht haben: Er war in der Startwoche auf Platz 1 der US-Kinocharts. Daran wird eine ausgedehnte Promo mit Hauptdarstellerin Beyoncé Knowles nicht störend gewesen sein, die dann bei Oprah etc. erzählen durfte, dass dies ihr erster Film ist, in dem sie mal keinen “Performer” (also mehr oder weniger sich selbst) spielt.

Dass das Rating auf imdb mittlerweile auf 3,7 von 10 gefallen ist, ist ohne Belang, die Schäfchen sind im Trockenen, und die DVD wird sich trotzdem jemand kaufen. Doch wie schlecht (oder gut) ist der Film eigentlich? Der offensichtliche Vergleichsfilm ist Fatal Attraction. Damals war Michael Douglas der erfolgreiche Geschäftsmann, der sich auf eine Affäre mit Glenn Close einließ, woraufhin diese Besitzansprüche stellte, das Familienkaninchen massakrierte und schließlich von der Ehefrau Anne Archer erschossen werden musste, weil die Zuschauer der ersten Test Screenings mit ihren legendären “Kill the Bitch!”-Rufen mehr Blut als ursprünglich geplant sehen wollten. Die erste, auffallendste Veränderung: das durchweg positiv dargestellte Paar hat eine andere Hautfarbe. Woraus der Film aber nicht das geringste Potential schlägt (oder positiv ausgedrückt: Der Film ist vorurteilsfrei genug, dass dies nichts an der Geschichte ändert). Die einzige Einflussnahme dieses Umstands auf die Geschichte ist Beyoncés Rückfall in den Gossenslang (dies soll keine Despektierlichkeit des Autors repräsentieren, der Film impliziert aber diese “Back to the roots”-Mentalität) beim Showdown: “I'm-a wipe the floor wit yo skinny ass”.

Idris Elba als Derek ist außerdem kein schwanzgesteuerter Michael Douglas, der sich keine Gelegenheit entgehen lässt, sondern ein Vorzeige-Gatte. Selbst wenn Ali Larter (bekannt aus Final Destination 1+2) als Lisa willig und nackt in seinem Hotelbett liegt und er selbst schwer angetrunken ist, wehrt er sich noch. Lisa, als “tempgirl”, die schnell den Spitznamen “temptress” bekommt, weil jeder andere Mann im Büro scharf auf sie ist (sogar den obligatorischen Schwulen wickelt sie mit Klatsch um den Finger), wird von der Kamera durchweg auch so inszeniert. Die Linse heftet sich an ihre Beine, doch verglichen mit den Szenen zwischen Douglas und Close bleibt alles erstaunlich harmlos (Rated PG-13 for sexual material including some suggestive dialogue, some violence and thematic content), vielleicht weil man sich auf das Problem der unterschiedlichen Hautfarben nicht so einlassen wollte, vielleicht auch, weil man einen ganz anderen Film drehen wollte. Nur leider merkt man davon nach den anfänglichen unterschiedlich auslegbaren Szenen (Vielleicht ist Lisa ja doch einfach nur nett und nicht komplett derangiert ...) immer weniger. Derek bleibt seiner Frau zwar treu, macht aber ansonsten jeden Fehler, den ein Drehbuch für einen unschuldigen Mann so feilhalten kann, und wenn Lisa schließlich nach einem Selbstmordversuch im Krankenhaus landet und Dereks Frau Sharon (Beyoncé) auch noch erfährt, wo man sie gefunden hat (“She was naked in your hotel room?”), bekommt die Ehe einen Knacks, und plötzlich geht es darum, dass er das Herz seiner Frau erneut gewinnen muss, während die weibliche Gefahr Lisa natürlich noch irgendwo lauert und nun sogar für den gemeinsamen Sohn Kyle eine Gefahr darstellt.

Diese Kehrtwendung des Films ist das problematischste daran, denn nachdem man die erste Hälfte des Films immer Derek begleitet hat, wird nun Beyoncés Part plötzlich zur vermeintlichen Hauptrolle aufgewertet, und natürlich bekommt das Publikum das, was es sehen will: Nicht eine “damsell in distress”, sondern eine Power-Frau, die der “white bitch” gehörig in den Arsch tritt - und die ihren Platz in der Ehe behauptet - der Gatte muss kuschen, wenn er wieder einziehen will. Aber bis zuletzt bleibt der Film harmlos, wahrscheinlich, um sich eine Zweideutigkeit zu bewahren, die längst verloren ging. Der bisher nur fürs Fernsehen tätige Regisseur Steve Shill ertränkt den Film zu Beginn mit einem Song-Teppich (womöglich dem Zielpublikum von Musikliebhabern zuliebe), überschreitet während des Films keine wirkliche Grenze, und inszeniert auch den Showdown so, dass das angestrebte Ziel erreicht wird, ohne dass sich eine der Figuren dafür Vorwürfe machen muss. Und das funktioniert einfach nicht in einem Thriller: Geradlinigkeit vom Anfang bis zum Schluss, nur keine Grenzüberschreitungen und nur soviel Adrenalin, wie nötig ist. Falls jemand anhand des Genres Thriller das Wort Understatement erklären will, ist Obsessed der perfekte Film.