Sweetgrass
(R: Ilisa Barbash,
Lucien Castaing-Taylor)
USA 2009, Kamera: Lucien Castaing-Taylor, Schnitt: Ilisa Barbash, 115 Min., Kinostart: 24. September 2009
Sweetgrass ist nach acht kürzeren Filmen der erste abendfüllende und für Kinos statt nur Galerien konzipierte Film aus einem anthropologischen Großprojekt, dass die letzte große Schafherde begleitete, die im Sommer 2003 auf die etwas saftigeren Bergauen von Montana geführt wurde. Schon anhand der verstrichenen Zeit kann man nachvollziehen, dass der Kinofilm nicht die höchste Priorität beim Projekt besaß, doch Sweetgrass profitiert auch von der mittlerweile entstandenen Vertrautheit mit dem Filmmaterial. Zunächst wirkt einiges etwas beliebig (mit Ausnahme des an den Entenhausener Fotowettbewerb „Tiere sehen Dich an“ erinnernde Bild direkt vor dem Filmtitel) und rein deskriptiv, die Geburtshilfe (plus Zwangsadoptierung) und das Scheren zeugen von einem robusten aber fürsorglichen Umgang mit den Tieren, die sich bei der Fütterung erstaunlich sozial eingestellt zeigen. Erst nach dem Aufbruch der Herde stellt sich langsam auch beim Zuschauer eine ähnliche Einstellung ein wie bei den Schafhirten. Man lernt die Hirten (aka Cowboys, bloß ohne Kühe) ebenso kennen wie ihre Hunde und Pferde, und gerade bei der Arbeitseinstellung sieht man deutliche Unterschiede. Während einer der erfahreneren Hirten seine „Girls“ allen Ernstes morgens mit einem „Morning Sheep, Good Morning!“ empfängt und öfters ein frohes Liedchen anstimmt, ist ein jüngerer Kollege damit beschäftigt, sich immer neue drastische Schimpfworte für die Tiere auszudenken, und nicht müde dabei zu werden, den „Bitches“ vorzuwerfen, dass er nun wirklich etwas Besseres vorhätte, als sich mit ihnen abzugeben. Somit entwickelt der Film auch Humor, und sogar Spannung, wenn des Nachts Raubtiere abgewehrt werden müssen, wobei es nicht nur um ein paar Kojoten geht, sondern auch um Bären, denen sogar die Hunde vorsichtshalber aus dem Weg gehen. Nach 150 Meilen voller Natur, Einsamkeit, Strapazen und logistischer Probleme kehrt man dann zurück zur Farm, auch für den Betrachter eine Angelegenheit mit einem lachenden und einem weinenden Auge, weil hiermit sozusagen mit einem ganzen way-of-life und einer heutzutage außerordentlichen Naturverbundenheit abgeschlossen wird. Als Film ein echtes Erlebnis.