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20. Januar 2010
Thomas Vorwerk
für satt.org


  A Serious Man (R: Joel & Ethan Coen)
A Serious Man (R: Joel & Ethan Coen)
A Serious Man (R: Joel & Ethan Coen)
Bildmaterial © TOBIS Film
A Serious Man (R: Joel & Ethan Coen)
A Serious Man (R: Joel & Ethan Coen)
A Serious Man (R: Joel & Ethan Coen)


A Serious Man
(R: Joel & Ethan Coen)

USA 2009, Buch: Joel & Ethan Coen, Kamera: Roger Deakins, Schnitt: Roderick Jaynes [=Joel & Ethan Coen], Musik: Carter Burwell, mit Michael Stuhlbarg (Larry Gopnik), Richard Kind (Onkel Arthur), Fred Melamed (Sy Ableman), Sari Lennick (Judith Gopnik), Aaron Wolff (Danny Gopnik), Jessica McManus (Sarah Gopnik), Adam Arkin (Anwalt), Peter Breitmayer (Mr. Brandt), Brent Braunschweig (Mitch Brandt), David Kand (Clive Park), Alan Mandell (Rabbi Marshak), Amy Landecker (Mrs. Samsky), George Wyner (Rabbi Nachtner), Dr. Sussman (Michael Tezla), 105 Min., Kinostart: 21. Januar 2010

Nach 25 Jahren und 14 Spielfilmen liefern die Coen-Brüder mit A Serious Man nun erstmals einen Film, in dem die Jewishness, die man schon aus ihrem Familiennamen ableiten kann, erstmals eine tragende Rolle spielt. Bisher war wahrscheinlich der von John Turturro gespielte Bernie Bernbaum in Miller’s Crossing die offensichtlichste Referenz an den Background der Brüder - und diese Figur war nicht eben positiv gezeichnet.

Doch diesmal wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Der Film beginnt mit einem märchenhaften Prolog, der im 19. Jahrhundert in einem polnischen Schtetl spielt - und komplett auf Jiddisch dargeboten wird. Diese Fabel wirkt nur als Einleitung, und die Coens (wie einige Kritikerkollegen) betonen, dass sie mit dem eigentlichen Film eigentlich nichts zu tun hat. Ich persönlich kann mir leider kein Urteil dazu erlauben, weil ich zu spät ins Kino kam und den Prolog komplett verpasst habe.

Dann setzt der “Hauptfilm” 1967 in einer Kleinstadt im mittleren Westen der USA ein - in vielerlei Hinsicht inspiriert von Kindheitserinnerungen der Brüder (weshalb man vielleicht auch ein Auge auf die zwei Kinder im Film haben sollte, die erstaunlich genau das Alter der Coen-Brüder zu dieser Zeit repräsentieren).

Larry Gopnik (Michael Stuhlbarg) ist Physikprofessor - und eine typische Coen-Figur, der übel mitgespielt wird, ähnlich wie William H. Macy als Jerry Lundegaard in Fargo, Jeff Bridges als The Big Lebowski - oder so gut wie jeder in Burn After Reading. Doch im Gegensatz zu Burn After Reading, einer auf einige befreundete Darsteller gemünzte Farce, spürt man bei A Serious Man das Herzblut der Coens (insofern das überhaupt möglich ist ...) und eine gewisse Sympathie für die verschlungenen Leidenswege der Figuren (wie als ein Gegenentwurf zu Burn After Reading sind hier die Darsteller übrigens dem internationalen Kinopublikum größtenteils unbekannt: Hauptdarsteller Michael Stuhlbarg arbeitet vor allem am Theater, seine Familie wurde direkt in Minnesota gecastet, und der größte “Star” des Films dürfte Richard Kind sein, den man momentan auch in einer kleinen Rolle in The Visitor sehen kann).

Larry hat unter anderem Probleme mit seiner Frau, die einen “ernsthafteren” Mann, den Witwer Ableman (!) gefunden hat, und ihn nun kurzerhand zusammen mit Larrys Bruder Arthur in ein Motel jagt. An der Uni ist Larry “Opfer” eines Bestechungsversuchs, nach dem der Vater eines koreanischen Studenten Larry darüber aufklärt, dass er, wenn er nicht auf das (im Gespräch natürlich nichtexistente) Angebot eingeht, umgehend verklagt wird. Und auf der Uni trudeln weiterhin anonyme Briefe ein, die offenbar auch damit in Zusammenhang stehen.

Nebenbei nerven noch die Kinder, ein Sturm zieht auf, die Nachbarin zur einen Seite scheint was von ihm zu wollen, und der jagdbesessene Redneck auf der anderen Seite gibt sich keine Mühe, seinen Antismeitismus und Rassismus besonders zu verbergen. Wie so oft bei den Coens werden lauter kleine Missgeschicke und Zufälle von ihren bösartigen Schöpfern so orchestriert, dass man als Zuschauer glänzend unterhalten wird.

Außerdem geht es auch um so etwas wie den (überspitzt formuliert) “Sinn des Lebens”, denn in seiner Krise will sich Larry an seinen Rabbi wenden, muss dafür aber erst einige in ihrer Weisheit eher eingeschränkte Untergebene und ihre Kenntnisse über Parkplätze und seltsame Zahnbehandlungen erdulden, eher er auf Rabbi Marshak (Alan Mandell) treffen darf, den die Coen-Brüder in Sachen Weisheit auf der selben Stufe wie Yoda ansiedeln würden - und der einen ähnlichen Musikgeschmack wie Larrys Sohn Danny zu haben scheint.