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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




24. November 2010
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Ein gutes Herz (R: Dagur Kári)
Ein gutes Herz (R: Dagur Kári)
Ein gutes Herz (R: Dagur Kári)
Ein gutes Herz (R: Dagur Kári)
Ein gutes Herz (R: Dagur Kári)


Villa Amalia
(R: Benoît Jacquot)

Frankreich / Schweiz 2009, Buch: Benoît Jacquot, Julien Boivent, Lit. Vorlage: Pascal Quignard, Kamera: Caroline Champetier, Musik: Bruno Coulais, Production Design: Katia Wyszkop, mit Isabelle Huppert (Ann), Jean-Hugues Anglade (Georges), Xavier Beauvois (Thomas), Maya Sansa (Giula), Clara Bindi (Marion), Viviana Aliberti (Veri), Michelle Marquais (La mère d’Ann), Peter Arens (Le père d’Ann), Ignazio Oliva (Carlo), Jean-Pierre Gos (L'agent immobilier), ca. 94 Min., Kinostart: 25. November 2010

In einer dunklen Regennacht verfolgt Ann (Isabelle Huppert) ihren Mann Thomas, erwischt ihn beim Fremdgehen (oder zumindest beim Küssen einer fremden Frau). Gleich im Anschluss erschreckt sie eine nächtliche Begegnung: Georges (Jean-Hugues Anglade), ein Freund aus ihrer Kindheit, erkennt sie wieder. Mit Georges’ Hilfe entfernt sie sich von ihrem früheren Leben. Sie löst ihr Konto auf, verkauft ihr Auto, beendet ihre Karriere als Konzertpianistin. Ihre standardmäßige Antwort in Gesprächen lautete zuvor »stimmt«, jetzt hat sie auf »nein« umgeschaltet. Ihr Mann Thomas versucht einzuhalten (»Du kannst nicht einfach dein Leben ändern.«), doch Ann zieht ihre zunächst ziellose Fluchtbewegung durch, (»Ich will mein früheres Leben auslöschen.«, verbrennt sogar ihre Notenblätter (und CDs) in einer symbolträchtigen Handlung, und die Inszenierung folgt ihr dabei.

Denn die zweite Hälfte des Films spielt am Mittelmeer, ist kaum wiederzuerkennen, und wird an dieser Kritik auch nicht weiter ausgeführt.

In der ersten Hälfte ist Villa Amalia Kino der urbanen Unrast, der überstürzten Aufbrüche und dramatischen Bewegungen. Dies spiegelt sich auch im Kameraeinsatz. Schiefe Töne, sperrige Bilder, überdeutliche Farbdramaturgie (rot für eROTik und Lebensfreude).

Regisseur Benoît Jacquot arbeitet gern mit starken Frauenfiguren und Darstellerinnen (zuletzt etwa mit Isild Le Besco in L’intouchable), doch für wen die starke Frau und der komplette Neuanfang nicht schon ausreicht, um das Interesse zu fesseln, wer sich nicht schon an den divergierenden Inszenierungstilen delektiert oder sich am obligat-mediteranen Urlaubsfeeling ergötzt, wem selbst der knapp angerissene queere Subplot am you-know-what vorbeigeht, dem oder der könnte selbst grande dame Isabelle Huppert in passabler Spiellaune nicht ausreichen, um einen zwar gewollt, aber dennoch fahrigen Film zu einem cinematographischen Erlebnis aufzuwerten. Für mich persönlich war das Werk nur in einem Wortsinn wundersam oder -bar, und zwar in der Weise, in der man sich zum Schluss wundert »Häh!? Und was sollte das jetzt?«

Jetzt fällt mir gerade noch ein, dass der Name »Ann Hidden« sozusagen ein Künstlername ist, und natürlich eine offensichtliche Bedeutung hat. Aber interessanter wird der Film dadurch auch nicht.