Kick Off Kirkuk
(Shawkat Amin Korki)
Irak / Iran 2009, Originaltitel: Kick Off, Buch: Shawkat Amin Korki, Kamera: Salem Salawati, Schnitt: Mastaneh Darvish, mit Atug Asu (Asu), Hamed Diyar (Diyar), Hamajaga Hilin (Hilin), Anwar Sako (Sako), 81 Min., Kinostart: 10. Februar 2011
Fast wie die Avus wirkt ein heruntergekommenes Stadion in Kirkuk, wo Flüchtlinge unterschiedlichster Herkunft dem Einfluss der Hussein-Regierung entgehen wollen. Der Knabe Diyar hat durch eine Landmine ein Bein verloren und ist suizidgefährdet. Sein älterer Bruder Asu ist ein Tausendsassa und Organisator, der eine Leinwand auftreibt, auf der die zusammengewürfelte Community das Fußballspiel zwischen Saudi-Arabien und dem Irak betrachtet.
Während Asu nicht den Mut findet, der hübschen Nachbarin Hilin näherzukommen, gibt es einen (fast bewaffneten) Streit um Wasser, Asus phlegmatischer Kumpel Sako und dessen missratener kleiner Bruder machen vor allem Scherereien, und vieles spricht dafür, dass das Stadion bald »evakuiert« werden soll. Da beschließt Asu, ein Fussballturnier zu organisieren, in dem die Türken, Kurden, Araber und Assyrier gegeneinander antreten sollen. Sogar zu einem TV-Produzenten nimmt er Kontakt auf.
Zu einem wirklichen seelischen Konflikt kommt es, als Asu die Trikotfarbe seines Teams bestimmen soll, während zeitgleich Helins Familie den Ort verlassen will. Überall Konflikte: Die bevorstehende Räumung, Helins Vater wird polizeilich gesucht, eine Explosion in der Stadt, und eine Ziege, die seit langer Zeit am Torpfosten angebunden grast (und ihre Besitzerin), stört auch noch empfindlich das sportliche Großereignis (man hat sogar eine Flagge mit den olympischen Ringen bemalt). Und dann die Streitereien um einen möglichst objektiven Schiedsrichter.
Immer wieder gibt es Humorspritzer in der desolaten Situation, ähnlich wie der fast auf schwarz-weiß heruntergedrehte Film kräftige Farben wie die Fußballtrikots zumindest erkennen lässt. Vieles am Film wirkt fast dokumentarisch, aber das Drehbuch, dessen Struktur man zunächst kaum wahrnimmt, überzeugt durch simples, aber klassisches Storytelling, und einige Bilder wie ein durch das Stadion galoppierendes Pferd, spiegeln gleichzitig das Alltagsleben und stehen auch symbolisch für größere Zusammenhänge.
Kick off ist politisch, ohne didaktisch zu wirken, und entwickelt eine schleichende Spannung irgendwo zwischen der zurückhaltenden Alltagsschilderung und den Spuren nicht zwangsläufig westlicher Erzählkonventionen. Und die eigentümliche Idee der »Fast«-Schwarzweißbilder verstört zunächst, obwohl sie im Nachhinein angesichts des Sujets auch Sinn macht.