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24. November 2011
Andreas Jacke
für satt.org


  Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht, Teil 1 (Bill Condon)
Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht, Teil 1 (Bill Condon)
Bildmaterial © 2011 Concorde Filmverleih GmbH
Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht, Teil 1 (Bill Condon)
Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht, Teil 1 (Bill Condon)
Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht, Teil 1 (Bill Condon)


Breaking Dawn
Bis(s) zum Ende der Nacht, Teil 1
(Bill Condon)

Originaltitel: The Twilight Saga: Breaking Dawn, Part I, Buch: Melissa Rosenberg, Lit. Vorlage: Stephenie Meyer, Kamera: Guillermo Navarro, Schnitt: Virginia Katz, Musik: Carter Burwell, mit Kristen Stewart (Bella Swan), Robert Pattinson (Edward Cullen), Taylor Lautner (Jacob Black), Billy Burke (Charlie Swan), Gil Birmingham (Billy), Sarah Clarke (Renée), Ty Olsson (Phil), Ashley Greene (Alice Cullen), Jackson Rathbone (Jasper Hale), Peter Facinelli (Dr. Carlisle Cullen), Elizabeth Reaser (Esme Cullen), Kellan Lutz (Emmett Cullen), Nikki Reed (Rosalie Hale), Anna Kendrick (Jessica), 117 Min., Kinostart: 24. November 2012

Ehe und Mutterschaft

Die Twilight Saga geht in ihre lang erwartete letzte Kinorunde. Der letzte Roman der Tetralogie kommt nun in zwei Teilen (November 2011 u. 2012) ins Kino. Die Regie dafür übernahm Bill Condon (Dreamgirls). Dass die Regisseure bisher bei jeder Folge gewechselt haben, ist aber kaum spürbar gewesen. Und so ist auch der Inszenierungsstil des letzten Teils sehr ähnlich wie zuvor. Langes schönes Schwelgen in zärtlichen und tiefromantischen Liebesvorstellungen wechselt sich mit leichten Horroreffekten ab. Zunächst Balsam für verängstigte Seelen, dann Suspense und am Ende leichter Horror. Alles relativ harmlos inszeniert und stets mit der Gewissheit versehen – dass alles zu einem guten Ende findet.

Nachdem sich Bella Swan (Kristen Stewart) bereits in der vorhergehenden Folge eindeutig für ihre Liebe zu dem Vampir Edward Cullen (Robert Pattinson) ausgesprochen hat, wird sie ihren Traummann nun heiraten. Die romantische Hochzeitsfeier fällt so aus, wie es sich jede Frau nur erträumen kann. In den Bund der Ehe einzutreten ist dennoch keine einfache Sache. Ohne Tränen und Verabschiedungen geht das nicht. Garniert wird das hohe Fest noch durch die zwei Sorten von Gästen – Menschen und Vampire – wobei die Menschen gar nichts davon wissen, in welche neue, bizarre Gesellschaft Bella da nun vor ihren Augen einheiratet. Es gibt noch einige witzige Hochzeitsreden: Bellas Mutter sieht in ihrer Tochter immer noch das Kind – während ihr Vater sie als Polizist mit seinem Revolver beschützen möchte. Wie wenig wissen Eltern doch über ihre erwachsenen Kinder?

Dann folgen die aufregenden Flitterwochen mit Edward auf einer Insel in der Nähe von Rio de Janeiro. Das junge Paar kann nun nach dem Eintritt in die Ehe endlich Bellas lang ersehnten Wünschen einer sexuellen Erfüllung nachgehen. Diese Sequenzen werden den Kultstatus, den die Figuren bei dem jugendlichen Publikum ohnehin bereits haben, ordentlich intensivieren. Doch was wäre auch die beste Ehe ohne Probleme? Sie beginnen damit, dass Edward beim Sex nicht bloß das Bett, sondern auch Bellas Rücken und Arm etwas ramponiert hat. Ihr macht dass nichts aus – er möchte aber nicht erstmal nicht mehr mit ihr schlafen. Und schon kurz nach der erotischen Erfüllung müssen sich Bella und Edward mit den biologischen Konsequenzen vertraut machen: Bella ist schwanger. Das wäre eigentlich kein Problem für sie, wenn nicht der Vater ihres Kindes ein Vampir wäre und deshalb keiner so genau weiß, wie das ausgehen wird. So beginnt eine Panik, die die typischen schizoiden Elemente des Horrorfilms in sich trägt. Ist das Kind böse und wie ein Parasit, der die junge Schwangere von Innen aussaugt? Oder trägt er wie Bella mehr menschliche Züge? Bella vertraut ihren mütterlichen Gefühlen und aus ihrer Angst wird rasch Sorge um dieses Kind, das sich dann als sehr menschlich erweisen wird...

Die Sippe der Werwölfe ist da ganz anderer Ansicht und meint man müsse die Geburt verhindern und Bella töten. Ihr alter Freund Jacob Black (Taylor Lautner) entscheidet sich aber weiterhin dafür, sie zu beschützen. Psychoanalytisch betrachtet hat sich Bella mit ihrer Wahl Edward zum Gatten zu nehmen in Richtung Über-Ich entschieden. Der Reiz der Reihe besteht aus diesem Dreieck, in dem Edward der Blut entsagende, schuldbewusste Vampir das Über-Ich darstellt, während Jacob die animalische Seite eines produktiven Es verkörpert. Die Animation der Werwölfe – zu denen Jacob gehört – ist in dieser Folge besonders wichtig. Sie tragen nun vor allem untereinander einen Kampf um das Leben von Bella aus. Jacob gelingt es dabei von seinem Rudel unabhängig zu werden und die anderen zurückzuweisen.

Dennoch kostet Bella ihre Schwangerschaft fast das Leben. Edward muss aus ihr nach der Geburt einen Vampir machen, um sie zu retten. Damit wird endlich vollzogen, worauf der Betrachter eigentlich schon seit der ersten Folge gewartet hat. Doch genau in dem Augenblick, wo Bella als Vampir ihre nun roten blutunterlaufenen Augen aufschlägt ist der Film vorbei. Damit bleibt die Erwartung bis zur letzten Folge bestehen. In der Tat kündigt Bellas Verwandlung das Ende der Geschichte an. Das ist ein besonders interessanter Aspekt. Auch das merkwürdige Konzept, ein Mädchen, das die Wahl hat sich hat sich zwischen einem Werwolf und einem Vampir (zwei Genregestalten des klassischen Gruselfilms) zu entscheiden, wird am Ende dieser Folge bereits aufgegeben. Jacobs Part besteht am Schluss darin, Bellas Baby Renesmee vor den anderen Werwölfen zu beschützen. Er ist auf das Kind geprägt, was ihn zu einem lebenslangen Beschützer von Bellas Tochter werden lässt. Er verliert damit sein Motiv weiter auf Edwards Platz bei Bella eifersüchtig zu sein. So haben sich die Perspektiven nun insgesamt verschoben. War bisher Bella diejenige, die es zu schützen galt, wird es nun fortan ihr Kind sein. Außerdem sind Bella und Edward nun nicht mehr bloß verliebte Teenager, sondern junge Eltern. Und Jacob erklimmt ebenfalls eine andere Stufe, in dem er selbst zum Leiter eines Rudels wird. Alle wichtigen Figuren kommen demnach in dieser Folge eine entscheidende letzte Stufe weiter, die so das Finale einleitet.

Die Twilight-Serie ist so erfolgreich, weil sie durch ihre romantische Fantasy-Romantik die alten viktorianischen Horrorgestalten und Spukgeschichten im Lichte emotionaler Befindlichkeiten und Sehnsüchte einfach ein ganzes Stück weit auflöst. Sie erneuert und ergänzt so das Repertoire der oralen Aggression (Biss) und des gespenstischen Spiels mit Gut und Böse – Leben und Tod. Viele Träume der Menschen werden hier erfüllt. Vielleicht ist die Unsterblichkeit zu erlangen von ihnen am Ende der wichtigste – doch das werden wir erst nächstes Jahr erfahren.