Originaltitel: Au cul du loup, Frankreich / Belgien 2011, Buch: Pierre Duculot, Kamera: Hichame Alaouie, Schnitt: Virgine Messiaen, Susana Rossberg, mit Christelle Cornil (Christina), François Vincentelli (Pascal), Jean-Jacques Rausin (Marco), Pierre Nisse (Tony), Roberto D'Orazio (Alberto), Marijke Pinoy (Annette), Cédric Eeckhout (Cédric), William Dunker (Gino), Marcelle Stefanelli (Flora), Didier Ferrari (Félix), Thomas Bronzini de Caraffa (Thomas), Djemel Barek (Kamel), 82 Min., Kinostart: 12. Juli 2012
Manche Filmverleiher denken wie Immobilienmakler. Obwohl »Das Haus auf Korsika« einladender klingt als »Am Arsch der Welt« (die Entsprechung des Originaltitels Au cul du loup), heißt das noch lange nicht, dass es wegen der Titeländerung automatisch mehr Interessenten gibt, denn es geht in diesem Fall ja nicht um eine Hausbesichtigung, sondern um die einer Leinwand.
Im eigentlichen Film hingegen ist eine Hausbesichtigung quasi der Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Die Endzwanzigerin Christina
(Christelle Cornil) hat mit ihrem Studium der »Visual Arts« wenig anfangen können und lebt seit zehn Jahren mit ihrem Freund in einem kleinen Ort in Belgien, wo sie als Aushilfe in der Pizzeria des »Schwiegervaters« arbeitet. Hört sich ganz in Ordnung an, ist aber von einem erfüllten und glücklichen Leben doch um einiges entfernt. Da erbt sie von der Oma ein Haus auf Korsika, und Freund, Bruder, Eltern, eigentlich alle geben ihr den Rat, es schnell zu verkaufen. Doch Christina findet, sie sei es ihrer Großmutter schuldig, sich das Haus zumindest anzuschauen. Vielleicht hat sich die alte Dame ja auch etwas dabei gedacht. Das Umfeld nörgelt, es gibt einige Spannungen, und als Befreiungsschlag reist Christina überstürzt ab Richtung Korsika, ein bisschen Geld und eine Karte hat sie dabei, aber nicht einmal eine der Jahreszeit entsprechende Jacke.
Und so landet sie in »Mausoleo« (schöner sprechender Name), einer Ortschaft mit zwölf Einwohnern, wo selbst der Bürgermeister außerhalb der Saison nur am Wochenende vorbeischaut. Und längst nicht an jedem Wochenende.
Obwohl sich der Film vorwiegend um die Ereignisse auf Korsika dreht, zeichnet sich die Verbindung zwischen dem Regisseur Pierre Duculot und dem Film dadurch aus, dass er sich nicht nur in Korsika auskennt, sondern auch in Christinas Wohnort zu Beginn des Films, einer kleinen italienischen »Kolonie« in der belgischen Bergarbeiterstadt Charleroi. Leider hatte ich das Gefühl, dass man ohne zuvorige Insiderinformationen die Besonderheit dieser Location nicht wirklich durchdringt, als Christina (und damit größtenteils der Film) ihr bereits den Rücken zukehrt. Filme über Korsika, die karge Natur und die nicht weniger wortkargen und schroffen Bewohner, gibt es ja schon einige, und auch das Thema der Dreißigjährigen, die sich plötzlich neu erfinden, ist nicht komplett neu. Au cul du loup ist ein sympathischer Film mit großartiger Besetzung, aber ich muss zugeben, als Verleiher wäre ich mit der Aufgabe, diesen Film zu vermarkten, auch ein wenig überfordert, denn alles, was den Film auszeichnet, geschieht im letzten Drittel des Films, und im Gegensatz zum Presseheft und einigen Kritiken, die ich bereits gesehen habe, weigere ich mich einfach, das schon alles auszuplaudern. Wer abenteuerlustig genug ist, anhand der hier gelieferten Infos dem Film eine Chance zu geben, der wird auch nicht enttäuscht werden, und wer schon immer mal ein Haus auf Korsika haben wollte oder mal am »Arsch der Welt« leben wollte, der erst recht nicht ;-)