Deutschland 2011, Originaltitel: The River used to be a Man, Buch: Jan Zabeil, Alexander Fehling, Kamera: Jakub Bejnarowicz, Schnitt: Florian Miosge, Ton: Anton Feist, Magnus Pflüger, mit Alexander Fehling, Obusentswe Dreamar Manyim, Nx'apa Motswai, Sariqo Sakega, Babotsa Sax'twee, 80 Min., Kinostart: 27. September 2012
Bei manchen Filmen bietet es sich an, über die Produktionsumstände zu reden, bei anderen ist das eigentliche Werk, für sich betrachtet, viel interessanter als alles »drumherum«. In diesem glücklichen Fall ist beides, auch unabhängig voneinander betrachtet, sehr interessant, und wenn man die Synergien zwischen »vor« und »hinter« der Kamera betrachtet, veredelt dies den Film noch darüber hinaus.
Schauspieler Alexander Fehling (Goethe in Goethe!, Andreas Baader in Wer wenn nicht wir, aktuell auch in Wir wollten aufs Meer) ließ sich auf das Abenteuer ein, mit dem als Regisseur kaum erfahrenen Jan Zabeil ohne festes Drehbuch (und somit auch fast ohne Finanzierungsmöglichkeit) nach Afrika (irgendwo habe ich »Botswana« gelesen) aufzubrechen, um dort mit einer vagen Idee im Kopf Zabeils einen Film auf die Beine zu stellen. Zabeil dazu: Das, was ich suchte, war größer als ich und meine Phantasie, und ich wusste, dass ich in meinem Prozess zum Film auf etwas angewiesen war, was ich nur an diesem entlegenen Fleck der Erde finden könnte.«
Dadurch wirkt der Film streckenweise natürlich sehr dokumentarisch, einige enigmatische Frames einer Nachtfahrt mit dem Auto spiegeln womöglich einen knapp vermiedenen Produktionsunfall, als Zuschauer bleibt man trotz des betont langsamen Erzähltempos auf der Sitzkante hängen wie bei manchen fake-dokumentarischen Horrorfilmen. Die thematische Nähe zu Ulrich Köhlers Schlafkrankheit ist zwar gegeben, aber auch ohne Drehbuch ist dieser Film packender und gelungener, die Vergleiche mit Gus van Sants Gerry oder Joseph Conrads unvermeidlichem Heart of Darkness wirken wieder aufgesetzt noch unangemessen, an magischen Realismus, Jim Jarmuschs Dead Man oder Apichatpong Weerasethakul wird man womöglich auch mal denken.
Hierbei verzaubert aber das eine oder andere Detail, das womöglich gar nicht minutiös geplant wurde (auch wenn das Tondesign und die Kameraführung von bester professioneller Arbeit zeugen). Eine Lichtbrechung auf der nächtlichen Windschutzscheibe, die wie ein Irrlicht wirkt, die nicht aus einem Skript, sondern aus dem Alltag stammenden Tricks des Flößers, sich mit der Natur zu arrangieren, die irgendwie arrogant wirkenden Getränkedosen in der Kühlbox oder die in jeder Hinsicht meisterhafte (abermals nächtliche) Bootsfahrt, die das Plakatmotiv nur ansatzweise wiedergeben kann.
Hierbei erzählt Der Fluss war einst ein Mensch durchaus eine Geschichte (wer die Vergleichsfilme und -bücher, wird sich davon eine vage Idee zusammenstellen können, ich möchte an dieser Stelle aber nicht ins Detail gehen), doch ich bezog die Faszination an dem Film eher aus der meditatorischen Ruhe, die das Hirn des Betrachters zu Assoziationen und Tagträumen animiert, was aber hier im Gegensatz zu Schlafkrankheit nicht wirklich zum Schlaf führt – dazu ist der Film meines Erachtens dann doch zu spannend auf seine ganz eigene teilimprovisierte Art und Weise. Meine liebste Assoziation entstand übrigens beim Gespräch mit dem Flößer, beim Versuch zu erklären, was ein Schauspieler ist. Denn ein Schauspieler ist so was ähnliches wie ein Flusspferd – das erinnert natürlich an jenes Zitat, das gern Alfred Hitchcock zugeschoben wird: »Schauspieler sind Vieh«. Eines steht außer Frage: Alexander Fehling ist kein Vieh und auch kein Flusspferd, sondern jemand, der wie Regisseur Jan Zabeil für seinen Mut belohnt werden sollte. Wer sich auf diesen Film einlässt, wird ebenfalls belohnt.