Deutschland / Niederlande / Belgien 2010, Buch: Mieke de Jong, Kamera: Bert Pot, Schnitt: Marc Bechtold, Sander Vos, Hans van Helden, Musik: Steve Willaert, mit Faas Wijn (Tony), Rifka Lodeizen (Sissy), Jeroen Spitzenberger (Gilles), Annet Malherbe (Königin), Carlo Boszhard (Lehrer), Anna Drijver (Wanda), Loek Peters (Toep), Femke Stasse (Luus), Giorgio Sanches (Karim), Fairuuz Sjak-Shie (Tineke), Saphira Roemer (Lia), Jamaru Verhoeven (Laura), 90 Min., Kinostart: 22. November 2012
Tony will wie sein Vater Kranführer werden. Er hat »Kranblut« und an seinen letzten Geburtstagen durfte er jeweils einen neuen, größeren und komplizierteren Kran der Kranfirma seines Vaters erstmals führen. Zu seinem zehnten Geburtstag (auf der Torte wird dann »Tony 10« stehen) wird der letzte Kran, das »Biest« folgen. Doch bis dahin hat Tony erstmal ein anderes Problem, denn seit sein Vater erst »Vorsitzender des Europäischen Komittees für vertikalen Transport« und schließlich holländischer Minister wurde, schleicht sich in die zuvor glückliche Ehe seiner Eltern ein Misston, und Tony durchsteht eine Aufgabe (und ein Abenteuer), dass nicht nur im Kinderfilm (und übrigens bei Zeitreisegeschichten) mittlerweile ein Klassiker ist: Er will seine Eltern wieder zusammenbringen.
Tony 10 ist ein amüsanter kleiner Kinderfilm, der auch Eltern (oder generell: Ex-Kinder) gut unterhält. Das liegt zu großem Teil daran, dass der Film zwar eine Geschichte mit (für neun- bis zehnjährige) höchstkomplexen Themen wie Liebe oder Politik erzählt, dieses aber – ohne echte Erklärung – auf Kinderniveau macht. In Tonys Welt kann man mal eben auf die Schnelle Minister werden, weil man zuvor mal die Königin im Kran sitzen hatte. Die gute Königin, wie die Nebenbuhlerin oder »Stiefmutter« (in spe) ein echtes Märchenthema, wird hier modernisiert und urbanisiert, ohne dabei aber vom märchenhaften Charme zu verlieren. Wenn man – wie Tony – zum erlauchten Kreis derer zählt, die die Königin ohne große Ankündigung mal besuchen darf, dann findet man diese mitunter auf Knien in ihrem großen Garten buddeln oder spielt später mit ihr Tischtennis. Eine Königin wie du und ich, etwas übergewichtig, etwas spitzbübisch, und letztendlich auch nicht omnipotent (»Meine Minister dürfen selbst entscheiden, mit wem sie schmusen«).
Einer der Höhepunkte des Films ist die Szene, wo Tony die Königin mit in die Schule nimmt, zum »Show-and-Tell«, und der Lehrer, der Tony zuvor wegen seiner vermeintlichen »Lügengeschichten« hin und wieder unrecht behandelte, wird auf fast noch subtile Art ganz unterwürfig und sucht fortan Tonys »Freundschaft«, um dadurch öfter in den Genuss einer solchen Gesellschaft zu kommen.
Die Handlung des Films entspricht größtenteils dem Kinderfilm-Schema, doch sowohl bei der ausufernden Vorgeschichte als auch bei der Auflösung der Probleme gibt es einige Überraschungen. So stellt man Tony zwar die gleichaltrige Luus zur Seite, doch statt als präpubertärer love interest fungiert diese eher als naseweiser Scheidungsexperte.
Holland ist als Filmnation bekanntlich noch viel mickriger als Deutschland, aber in diesem Fall sind die unaufdringliche Inszenierung und die spielfreudigen Darsteller so kolossal, dass man schon ein gutes Jahr abwarten muss, ehe man in der deutschen Kinderfilmproduktion (die ja immerhin erfolgreich ist) ein Pendant findet, bei dem man sich nicht alle zwanzig Minuten wegen Logik-Löchern oder schlimmem Over-Acting innerlich schütteln muss. Kein Meisterwerk, aber eindeutig überdurchschnittlich, auch im internationalen Vergleich.