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Mädelsabend
Nüchtern zu schüchtern!
(Steven Brill)
Originaltitel: Walk of Shame, USA 2014, Buch: Steven Brill, Kamera: Jonathan Brown, Schnitt: Patrick J. Don Vito, Musik: John Debney, mit Elizabeth Banks (Meghan Miles), James Marsden (Gordon), Gillian Jacobs (Rose), Sarah Wright Olsen (Denise), Ethan Suplee (Officer Dave), Bill Burr (Officer Walter), Willie Garson (Dan Karlin), Kevin Nealon (Chopper Steve), Ken Davitian (Cab Driver), Alphonso McAuley (Pookie), Lawrence Gilliard Jr. (Scrilla), Da'Vone McDonald (Hulk), Oliver Hudson (Kyle), Niecy Nash (Bus Driver), Jacob Timothy Manown (Kid with Bike), P.J. Byrne (Moshe Schwartz), Bryan Callen (Dealer), Gillian Vigman, Justin Smith, Ann Reilly, Cooper Thornton, Anna Bocci, Jay Montepare, Emily Wagner, Elizabeth Chomko (Blooper Anchors), Rocky Russo, Keeshan Giles, Andrew Friedman (Blooper Reporters), Steven Brill (Blooper Lawyer), 95 Min., Kinostart: 26. Juni 2014
Bevor wir zum Mädelsabend kommen, zunächst eine Nachhilfestunde in Englisch. Als Freund von US-Komödien und Sitcoms, der sich aber meistens aufregt, wenn diese ins Deutsche übersetzt werden und man manche Witze erst zurückübersetzen muss, bevor man lachen kann, störe ich mich natürlich auch an besonders schlimmen Titelübersetzungen, so kreativen Kabinettstückchen wie »Die Schadenfreundinnen«, oder eben »Mädelsabend – Nüchtern zu schüchtern!«, wobei in letzterem Fall ursprünglich noch »Besoffen zu offen« drangehängt werden sollte. Im unermüdlichen Bestreben deutscher Kinoverleihe, insbesondere für weibliche Zuschauer angemessene Filme mit signalhaften Kennworten zu versehen (keine RomCom ohne »Hochzeit«, »Braut« oder »verlieben«) ergibt natürlich auch so etwas wie »Mädelsabend« Sinn, weil das womöglich uninformiert Zielpublikum hier ähnlich wie bei den »Schadenfreundinnen« sofort weiß, dass der Film offensichtlich für einen Kinoabend mit den besten Freundinnen bestens geeignet ist (und im Fall von »Mädelsabend« stimmt das sogar). Doch aus der Sicht des Filmfreunds (oder der Filmfreundin) ist es schon sehr betrüblich, dass der Originaltitel Walk of Shame, eingängig und die Englischkenntnisse des Publikums nicht über Gebühr fordernd*, hier fallengelassen wurde für einen deutschen Titel, der vielleicht 10% des Filmgeschehens passabel zusammenfasst, wo Walk of Shame 90% treffend auf den Punkt gebracht hätte.
* an dieser Stelle bitte ich die LeserInnen, mal eben aus dem Stegreif folgende englischsprachige Filmtitel zu erklären: Inception, The Bling Ring, Elysium, Haywire, Insidious, Tarnation.
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Anhand der jüngst beendeten, sehr erfolgreichen Sitcom How I met your mother will ich mal einige Fachbegriffe aus dem US-amerikanischen Dating Business erklären, die leider immer noch mit blöden Übersetzungen Einzug in die Synchro-Fassungen halten:
1. »wingman«
Barney Stinson, der quasiprofessionelle Frauenaufreißer, hat in seinem Playbook unzählige, teilweise höchst komplizierte Maschen aufgezeichnet, wie man mit Frauen in Kontakt treten kann, ihr Vertrauen erschleicht usw. Eine der einfachsten Methoden baut aber auf einem (zumeist männlichen) Helfer auf, dem »wingman«, der etwa mit einem simplen »Have you met Ted?« die fragile erste Kontaktaufnahme in einen Selbstläufer verwandeln kann. Der Begriff des »wingman« stammt aus der Luftfahrt, wo bei Kampfformationen jemand damit beschäftigt ist, unterhalb des Flügels der die Formation anführenden Maschine diese zu beschützen und zu unterstützen. Im hinreichend bekannten Fliegerfilm Top Gun wird der Begriff mehrfach ins Spiel gebracht, und die Erklärung auf wikipedia verdeutlicht meines Erachtens gut die Übertragungsmöglichkeit auf die Anbagger-Situation mit Helferlein:
The presence of a wingman makes the flight both offensively and defensively more capable by increasing firepower and situational awareness, permitting the attack of enemies, and increasing the ability to employ more dynamic tactics.
2. »tramp stamp«
Rein sprachlich schon etwas anspruchsvoller, aber dafür reimt es sich. »Stamp« ist das englischsprachige Wort für Stempel und Briefmarke (denn im Postverkehr hatten beide ursprünglich dieselbe Funktion). Als »tramp« kann man sowohl einen Rumtreiber bezeichnen (der Disneyfilm Susi & Strolch heißt im Original Lady and the Tramp), die ins Deutsche übernommene Bezeichnung fürs »per Anhalter fahren« hat ähnliche Konnotationen, mittlerweile wird der Begriff aber auch für Frauen, die »viel rumkommen« verwendet, also übersetzt »Flittchen«, »Schlampe« etc.
Ein »tramp stamp« ist das, was man in Deutschland oft als »Arschgeweih« bezeichnet, also eine Tätowierung im tieferen Rückenbereich, wie sie um 2000 herum plötzlich Mode wurde. Konkrete Rückschlüsse auf die Sexualität der Trägerin lässt so ein Tattoo natürlich nicht zu, aber im US-Sprachgebrauch, immer anfällig für versteckte oder weniger versteckte Beleidigungen (nicht, dass es im Deutschen besser wäre) impliziert ein »tramp stamp« also sozusagen eine Analogie zum Gütesiegel eines Tierarztes oder Trichinenbeschauers in einem Schlachthaus. So wie dort ein violetter Stempel Auskunft über die Güteklasse einer Schweinehälfte geben kann, markiert die Tattooträgerin angeblich selbst ihre Freizügigkeit oder Promiskuität. Bei How I met your mother schafft es Erzähler Ted mal, sich während eines alkoholgetränkten one-night stands ein Schmetterlings-Tattoo auf den verlängerten Rücken anbringen zu lassen (eine Art Racheaktion), weshalb er von seinen Freunden sehr verlacht wird und die Gelegenheit bekommt, die entfernende Hautärztin bis vor den Altar zu locken.
3. »walk of shame«
Eine Übersetzung ist hier wohl nicht nötig. Der Begriff kann beispielsweise den Weg eines mit einer roten Karte versehenen Fußballers zur Dusche umschreiben, wird aber meistens benutzt, wenn jemand (aufgrund der gesellschaftlichen Vorurteile meistens eine Frau) nach einem one-night stand restalkoholisiert und in den Klamotten vom Vorabend den womöglich peinlichen Weg von der Wohnung des Lovers in den eigenen Privatbereich beschreitet. Und davon ausgeben muss, dass jeder unbeteiligte Passant anhand des äußeren Erscheinungsbildes ziemlich genau weiß, was hier vorgefallen ist. Die Beschreibungen auf der englischsprachigen wikipedia sind hier übrigens in allen drei Fällen (»tramp stamp« läuft unter »lower-back tattoo« und beschäftigt sich auch mit medizinischen Fragen) sehr zu empfehlen.
Bei How I met your Mother erinnere ich mich noch gut an einen beinahe kollektiven »walk of shame« am Morgen nach dem St. Patrick's Day...
Und im Film Walk of Shame geht es exakt um diesen Weg, der aber wirklich auf fast anderthalb Stunden ausgedehnt wird. Die eigentlich grundsolide Nachrichtenmoderatorin Meghan Miles (Elizabeth Banks, endlich mal wieder in einer Hauptrolle) hat zu Beginn des Films die Beendung einer Beziehung zu verkraften und dann entscheidet man sich bei einem wichtigen Vorsprechen auch noch für die andere Bewerberin. Nur deshalb lässt sie sich von ihren besten Freundinnen dazu überreden, mal »um die Häuser« zu ziehen, noch dazu mit einem knallengen gelben Kleid, das ihr eine der Freundinnen geliehen hat. Der »Mädelsabend«, der – wie gesagt – etwa 10% des Films einnimmt, führt schnell zu einer reichhaltigen Alkoholisierung Meghans, und dann trifft sie auf einen Traummann (James Marsden ist etwas unterfordert), in dessen Bett sie auch landet. Man sollte hier aber nicht unterschlagen, dass es nicht nur um alkoholisierte Wolllust dabei geht, sondern die Chemie auch wirklich stimmt.
Anyway, Meghan schleicht sich am Morgen aus dem Haus, stellt fest, dass sie Handy und Kreditkarte vergessen hat, und dann offenbart sich, dass durch krankheitsbedingten Ausfall der Mitbewerberin um den Job als Anchorwoman sie doch noch eine Chance auf den Job hat, sie muss nur rechtzeitig im Studio sein. Was bei einer Durchquerung von Los Angeles ohne Geld oder Auto (abgeschleppt) doch ein gewisses Problem darstellt, unter anderem, weil sie in einen Bandenkrieg zwischen Drogenhändler gerät und sie die Polizei verfolgt.
Aufgrund des gelben Minikleids wird sie immer wieder für eine Prostituierte oder Stripperin gehalten (oder, die ultimative Beleidigung, für Lindsay Lohan!), viele Zufallsbegegnungen tauchen später im Film wieder auf und wirken oft bedrohlich, kurzum: eine ziemlich gelungene Komödien-Prämisse, bei der man auch über die üblichen Versatzstücke großzügig hinwegsieht und der Protagonistin sogar gönnt, dass ihr Traummann ihr später auch zur Hilfe eilen darf.
Regisseur Steven Brill ist ein Komödienspezialist, der hier zur Topform aufläuft und der Humor ist weder zu geschmacklos noch zu harmlos (natürlich sitzt nicht jeder Gag, aber einige sind schon ganz großes Tennis). Man muss das Ganze nicht zu ernst nehmen, aber der Film gibt sich dennoch Mühe, beispielsweise die verstreichende Zeit überzeugend darzustellen (zu genau sollte man aber nicht darauf achten). Und es gibt auch viele kleine Details am Rande zu entdecken (was zeichnet einen Traummann aus? Er hat in der Wohnung »The Feminist Companion to Literature« liegen).
Und wie es fast zu erwarten war, gibt es mindestens eine Szene (das Missverständnis mit dem Taxifahrer und dem Gentlemen's Club »Tattoo«), bei der man in der Synchronfassung einen echten Geniestreich braucht, um den Zuschauer nicht völlig vor den Kopf zu stoßen. US-Komödien in Synchro sollte man generell vermeiden, denn das artet oft in einen »Walk of Fremdschäm« aus ... (sorry, der Gag ist jetzt absichtlich schlecht).
Aber »Mädelsabend« dürfte selbst noch in der Synchro ein Vergnügen sein, weil der Film einfach auf dem Unterhaltungs-Niveau ist, das einem bei US-Komödien nur ein oder zwei mal im Jahr widerfährt.