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21. Januar 2015
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Baymax – Riesiges Robowabohu (Don Hall, Chris Williams)


Baymax – Riesiges Robowabohu
(Don Hall, Chris Williams)

Originaltitel: Big Hero 6, USA 2014, Buch: Jordan Roberts, Daniel Gerson, Robert L. Baird, basierend auf den Comicfiguren von Duncan Rouleau & Steven T. Seagle, Cinematic Consultant: Robert Richardson, Schnitt: Tim Mertens, Musik: Henry Jackman, Production Design: Paul A. Felix, Art Direction: Scott Watanabe, mit den Originalstimmen von Ryan Potter (Hiro), Scott Adsit (Baymax), Daniel Henney (Tadashi), T.J. Miller (Fred), Jamie Chung (Go Go), Genesis Rodriguez (Honey Lemon), Damon Wayans Jr. (Wasabi), James Cromwell (Robert Callaghan), Alan Tudyk (Alistair Krei), Maya Rudolph (Cass), David Shaughnessy (Heathcliff), Abraham Benrubi (General), Katie Lowes (Abigail), Billy Bush (Newscaster), Daniel Gerson (Desk Sergeant), Paul Briggs (Yama), Charlotte Gulezian (Ringleader), Stan Lee (Fred's Dad), 105 Min., Kinostart: 22. Januar 2015

Ein seltsames Subgenre, das in Zukunft vermutlich wichtiger werden wird, ist der computeranimierte Superheldenfilm. Während Comicadaptionen um Superhelden generell nicht mehr ohne CGI auszukommen scheinen, gibt es aber auch ein paar Animationsfilme, die die Affinität von Form und Inhalt ausnutzen. Bahnbrechend war hier sicher Brad Birds The Incredibles (und man möge nicht vergessen, dass Birds Kinodebüt, der noch größtenteils traditionell animierte The Iron Giant (dt.: Der Gigant aus dem All), auch schon nah an comictypischen Sujets angesiedelt war), dann folgte mit Bolt (von dem einer der Regisseure des neuen Films übernommen wurde) eine Tierfassung (und man muss an dieser Stelle einfach ansprechen, dass der vollanimierte Bolt (deutlich im Fahrwasser kindlicher Geheimagentinnen wie Kim Possible) viel besser funktioniert als der »Realfilm« Underdog, der ebenfalls einen Hund zum Superhelden machte). Big Hero 6 überschreitet hier eine gewisse Schwelle, denn nachdem Marvel von Disney aufgekauft wurde, hat man nun einen Marvel-Comic (Man of Action) frei adaptiert und beugt das Ganze dabei doch einem kindertauglichen Storykonzept. Aber der Bezug zu Marvel bleibt dennoch deutlich, zum einen weil nicht nur Pixar-Disney-Mastermind John Lasseter involviert wurde, sondern auch der Verantwortliche des »Marvel Cinematic Universe«, Kevin Feige, im Abspann erwähnt wird. Und zum anderen (und hier kommt ein Spoiler auf die After-Credit-Sequenz) weil niemand geringerer als Stan Lee hier als leicht wiederzuerkennende Animations-Version hier buchstäblich als »Vaterfigur« agiert.

Baymax – Riesiges Robowabohu (Don Hall, Chris Williams)

Bildmaterial © Walt Disney Studios   

Die Geschichte ist einigermaßen komplex, denn es geht hier nicht nur um das Coming-of-Age von Hiro, seine Freundschaft zum zunächst als Krankenschwester agierenden Roboter Baymax und seine zu überwindende Trauer über den Tod seines großen Bruders, sondern – wie der Originaltitel viel deutlicher macht – es wird hier ein ganzes Superhelden-Team aus Technik-Nerds geschaffen, die gegen einen übermächtigen Maskenträger antreten müssen, wobei jede Menge Sci-Fi-Zeugs wie »Microbots«, Neurotransmitter und ein mysteriöses »Stargate« für viel Aufregung sorgen. Die für Superhelden typischen moralischen Dilemmas spielen hier recht stark in die Story, wenn u.a. der butterweiche knuddelige Pflege-Roboter zum Kampfungetüm umgebaut werden soll, hierbei aber lange Zeit vor allem ein Pointenlieferant ist und bei fast leerem Akku betrunken agiert etc. (ich muss in diesem Fall zugeben, dass auch die Synchronisation durch Bastian Pastewka in den Baymax-Momenten gelungen scheint, aber Original ist immer die bessere Wahl, weil in der Übersetzung viele tolle Sprüche einfach auf der Strecke bleiben. Beispiel: »It's like spooning a warm marshmellow.«)

Baymax – Riesiges Robowabohu (Don Hall, Chris Williams)

Bildmaterial © Walt Disney Studios   

In Sachen spektakulären Effekten und Actionsequenzen kann sich Big Hero 6 ohne weiteres mit den »großen« Marvelfilmen messen, nur ist hier halt die emotionale Spannbreite eher auf Kinder zugeschnitten, also mehr Freundschaft und Familie und weniger Mord und Totschlag. Was ja nicht unbedingt wie ein Nachteil klingt. Vielleicht ist das Ganze auch eine perfide Strategie des Disney-Konzerns, um die jungen Zuschauer schon frühzeitig auf die Teenie-Franchises (neben den Marvelfilmen wäre da natürlich Star Wars zu nennen) zu konditionieren.

Baymax – Riesiges Robowabohu (Don Hall, Chris Williams)

Bildmaterial © Walt Disney Studios   

Aber das Großartige an diesem Film ist ja, dass er nicht nur Kids begeistern wird, sondern auch SciFi- und Superhelden-Begeisterte, die auch 14, 24 oder 54 sein können. Und wenn man sich mit seinen Kids über die selben Filme freut, ist das immer toll. Und wer will, kann dann nebenbei auch einige Anspielungen erklären. Vielleicht nicht gleich den Märtyrer-Heldentod à la Sigourney Weaver, aber die Sache mit dem Butler, den seltsamen Städtenamen San Fransokyo, den Grund für ein Auftauchen von Stitch auf einem Bild, Freds Papa oder das 2001-mäßige »Open your access port«. Spannender als die 31ste Prinzessinnengeschichte ist das allemal.

Baymax – Riesiges Robowabohu (Don Hall, Chris Williams)

Bildmaterial © Walt Disney Studios   

 

Auch ziemlich super: Der Vorfilm:

 


Liebe geht durch den Magen
(Patrick Osborne)

Originaltitel: Feast, USA 2014, Buch: Patrick Osborne, Schnitt: Jeff Draheim, mit der Originalstimme von Tommy Snyder (James), 6 Min.

Eine Tradition, die man zwischenzeitig mal bei Warner mit den 3D-Roadrunner-Filmen wiederbeleben wollte, gehört bei Pixar und Disney längst zum guten Ton: Der Vorfilm, bei dem sich neue Animationstalente ausprobieren dürfen. In diesem Fall wird eine kleine unspektakuläre Geschichte aus der Sicht des Hundes Winston erzählt, für den Liebe lange Zeit wortwörtlich »durch den Magen« geht, denn sein Herrchen verwöhnt ihn mit allerlei Leckereien, die im richtigen Leben nicht allesamt für Hunde geeignet sind: Pommes, Spaghetti, Popcorn, Nachos, Pizza, Eier mit Schinken – die Gefahr eine Vollverfettung durch Fastfood ist nicht von der hand zu weisen, doch dann verliebt sich sein Herrchen in eine Frau, die ein dunkles Geheimnis birgt: sie ist Vegetarierin! Schudder!

Nun wäre für Winston vermutlich schon die Wende zum regulären Hundefutter ein Problem, aber Rosenkohl? Petersilie? Ein Konflikt ist vorprogrammiert.

Liebe geht durch den Magen (Patrick Osborne)

Bildmaterial © Walt Disney Studios

Sehr prägend ist bei diesem Film die eher »flächig« wirkende Oberfläche, die aber durch das Spiel des darauffallenden Lichtes Dimension gewinnt. Man könnte annehmen, dass sich dies nur in Maßen mit dem 3D-Format verträgt, aber irgendwie gelingt es dem Film – auch durch viel Bewegung und »Kamerafahrten« – ein ganz besonderes Animationserlebnis zu kreieren.

Wie Feast ein Happy End möglich macht, ohne dass jemand wider seine Natur leben muss oder sich das Herrchen entscheiden und von einem / einer trennen muss, werde ich natürlich nicht verraten, aber wenn zum Schluss das Disney-typische Cinderellaschloss gezeigt wird, besteht der angedeutete Regenbogen aus Feenstaub zur Abwechslung mal aus Tomatenketchup. Wohl bekomm's!