Justice League
(Zack Snyder)
USA 2017, Buch: Joss Whedon, Chris Terrio, Kamera: Fabian Wagner, Schnitt: David Brenner, Richard Pearson, Martin Walsh, Musik: Danny Elfman, Kostüme: Michael Wilkinson, Production Design: Patrick Tatopoulos, Supervising Art Directors: Christian Huband, Helen Jarvis, mit Gal Gadot (Diana Prince / Wonder Woman), Ben Affleck (Bruce Wayne / Batman), Ezra Miller (Barry Allen / Flash), Henry Cavill (Clark Kent / Superman), Amy Adams (Lois Lane), Ray Fisher (Victor Stone / Cyborg), Jason Momoa (Arthur Curry / Aquaman), Ciarán Hinds (Steppenwolf [Stimme]), Jeremy Irons (Alfred Pennyworth), Diane Lane (Martha Kent), J.K. Simmons (Commissioner Gordon), Joe Morton (Dr. Silas Stone), Connie Nielsen (Queen Hippolyta), Amber Heard (Mera), Billy Crudup (Henry Allen), Jesse Eisenberg (Lex Luthor), Lisa Loven Kongsli (Menalippe), Anthony Wise (Janitor Howard), Tara Ward (Janitor's Wife), Robin Wright (Antiope), David Thewlis (Ares), Kiersey Clemons (Iris West), Jim Sturgeon (Task Force Deputy), 121 Min., Kinostart: 16. November 2017
Warnung: in dieser Rezension werde ich mich wenig darum kümmern, sogenannte Spoiler zu verhindern. Wer tatsächlich glaubt, dass es für den Unterhaltungswert dieses Films von Belang ist, ob man weiß, wer hier lebt oder stirbt, der kann sich meines von Herzen kommenden Mitleids sicher sein.
Im Vorfeld war es vermutlich kaum jemandem bewusst, aber Justice League ist ein Film, wie er nur im Jahr 2017 (geringen) Sinn ergibt. Gleich zwei wichtige »Geburtstage« werden hier abgefeiert. Zum einen der von Jack Kirby, eines Comic-Giganten, den die meisten Leute mit dem Marvel-Universum der 1960er verbinden und der neben Stan Lee Co-Creator der Fantastic Four, der X-Men und des Incredible Hulk war (und schon in den 1940ern ersann er mit Joe Simon Captain America). Der 1917 als Jacob Kurtzberg geborene »King of Comics« wird aktuell von beiden großen Comicverlagen gefeiert und im Film Justice League hat man den obskuren Superschurken Steppenwolf - auch bekannt als Onkel (!) von Darkseid - ausgegraben, zusammen mit mehreren Hinweisen auf die New Gods und die sogenannten »Mother Boxes«. Alles Zeugs aus Kirbys Fourth World, einem mehrere Heftserien umspannenden Projekt aus den frühen 1970ern bei DC (Mister Miracle und die Forever People gehören auch dazu).
Auf die Idee zu kommen, eine »Mother Box« (eine Art Supercomputer, die meines Erachtens deutlich von den Monolithen in Kubricks 2001 - A Space Odyssey inspiriert wurde) dazu zu benutzen, mit Zuhilfenahme der elektrischen Kräfte, die der superschnelle Flash (Ezra Miller) als Nebenprodukt abwirft, eine Leiche wiederzubeleben, wie man es aus dem 1817 beendeten (aber erst im Januar 1818 erschienenen) Frankenstein or The Modern Prometheus kennt, das hat schon einen gewissen Charme. Für einen zweistündigen Kinofilm reicht dieses Mash-up aber nicht ansatzweise. Vor allem, wenn man nach einer Menge Dialog über Seelen, Ethik und Stephen Kings Pet Semetary daraus nur die übliche Comic-Nummer draus bastelt: Lass uns doch mal die Superhelden gegeneinander kämpfen, ehe sie dann begreifen, dass sie eigentlich auf der selben Seite stehen.
© 2017 Warner Bros. Entertainment Inc. & Ratpac-Dune Entertainment LLC, Foto: Clay Enos/ TM & © DC Comics.
Die Handlung von Justice League (man beachte, dass man den Hinweis auf »America« rausgekürzt hat aus dem Titel, wenn auch ein markanter Stern bei der Titeleinblendung auf die home base der Supergruppe hinweist) ist schnell zusammengefasst: Steppenwolf will sich mit seinen seltsamen Zombie-Flugwesen die Erde einverleiben und Batman und Wonder Woman wollen die bereits in Cameos in früheren DCU-Filmen aufgetauchten »heroes in the making« Flash, Aquaman und Cyborg rekrutieren, um gemeinsam die Welt zu retten.
Im Zusammenhang mit James-Bond- und Star-Trek-Filmen wird oft auf die Erfolgsregel hingewiesen, dass ein (solcher) Film zu großen Teilen damit steht oder fällt, ob der Gegenspieler gelungen ist. Gert Fröbe als Goldfinger oder Ricardo Montalban als Khan haben sich bewährt, so eine komplettanimierte Knallcharge wie Steppenwolf ist indes (der »King« mag mir verzeihen!) eher eine Lachnummer auf dem Level von Abomination, Mr. Freeze oder wie auch immer der tätowierte Romulaner hieß, den Eric Bana einst spielte.
Dass von Flash, Aquaman und Cyborg immerhin ein Held auf Anhieb mitmachen will bei der neuen Allianz, während man die anderen beiden erst überreden muss, was im Grunde nur dadurch gelingt, dass Steppenwolf und seine minions auf ganz persönlicher Ebene ihre bösen Absichten demonstrieren, zählt hier bereits zu den positiven Aspekten eines zu keinem Zeitpunkt interessanten Drehbuchs. Auffällig ist, dass man nach den daddy bzw. mommy issues der bereits etablierten DC-Helden exakt auf der selben Welle weitersurft.
Bei Flash orientiert man sich eher an der ganz erfolgreichen Fernsehserie als an den Comicheften, bei Cyborg entblödet man sich nicht einmal, zum Trittbrettfahrer anderer schwarzer Wissenschaftshelden zu werden, indem man Joe Morton (A Town called Eureka, Terminator 2 - Judgment Day) castet. Immerhin soll Cyborg tatsächlich schon mal während der The New 52-Phase des DC-Universums in den Comics mit einer Mother Box zu tun gehabt haben (weiß ich auch nur von Wikipedia), worauf man hier einen nicht unergiebigen Teil der kruden Story stützt.
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Als ich im Kino den Trailer zu Justice League sah, fiel mir auf, dass keine einzige Einstellung des Trailers mir das Gefühl gab, dass ich diesen Film sehen will oder gar muss. Ein Witz mit Flash war noch das beste am Trailer. Wenn man mal davon absieht, dass Gal Gadot ganz fotogen ist, kann man darauf heruntergekürzt auch den kompletten Film beschreiben. Die Flash-Gags sind größtenteils wirklich gelungen (»Dostojewski!«), leider spielt diese Figur aber höchstens in einem Fünftel des Films eine Rolle.
Es ist ja allgemein bekannt, dass Regisseur Zack Snyder aus persönlichen Gründen irgendwann die Dreharbeiten verließ und Joss Whedon für ihn übernahm, aber solange es nicht eine Schnittfassung gibt, in der man als Fanboy detailliert darüber informiert wird, was jetzt von wem stammt, herausgeschnitten oder überarbeitet wurde, ist dieses Detail auch kein Grund, sich den Film anzuschauen. Es wird vermutlich keinen kausalen Zusammenhang geben, aber die Whedon-Momente neben in Relation zu den Snyder-Momenten einen Prozentsatz an, der mir noch geringer erscheint als der der Flash-Auftritte.
Wie sehr dies ein waschechter Zack-Snyder-Film ist, erkennt man zum Bleistift an einer Szene, in der eine Art Skinhead in Zeitlupe die Orangenkiste einer Obsthändlerin mit augenfälligem Migrationshintergrund durch die Gegend kickt. Der Typ taucht nie wieder im Film auf, bekommt aber eine schmissige Songuntermalung - und später darf Batman mal sagen, dass er mit der Welt von heute nicht mehr viel anfangen kann (ich glaube, die Kernvokabel war »recognize«), sie aber dennoch weiterhin retten will. Das ist für Zack-Snyder-Verhältnisse fast schon ein subtiles (und vertretbares) politisches Statement, aber irgendwie geht es im Film um ein komplett anderen »snyderesken« Themenkomplex...
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Ich bin nicht praktizierender Hetero und habe eigentlich komplett andere Hobbys, als Kerlen auf den Schritt zu starren, aber wenn man einmal auf die durchweg gewaltigen Beulen (und muskulöse man-boobs!) der männlichen Justice-League-Mitglieder geschaut hat, kommt der Supermacho Snyder, der einst immerhin 300 drehte, mit Siebenmeilensocken à la Red Hot Chili Peppers wieder in den Fokus. Am lächerlichsten wirkt hierbei Aquaman, der Obermacho mit tätowiertem Oberkörper, dessen »Eierbecher« offenbar zu seinem Brustpanzer gehört, weshalb sich sein vermeintliches Gemächt in manchen Szenen sogar unabhängig vom Unterkörper bewegt. Aber selbst der so schüchterne wie unerfahrene Flash scheint untenrum ausgestattet wie ein Pornostar der Megaklasse (»it's not like a macho measuring thing...«). Wie ein »Titan« der deutschen Sportszene es im November 2003 auf den Punkt brachte: »Eier, wir brauchen Eier!«.
Interessanterweise hat der gehörnte Steppenwolf übrigens kein solches »Paket«, sondern verbirgt seine Familienjuwelen ganz keusch unter einer Art Metallschürze. Doch so wie Batman (»What's your super power?« - »I'm rich!") zur möglichen Kompensation sein Batmobile von Mercedes designen ließ (vielleicht hat Bruce Wayne auch einfach die Firma gekauft), so hat Steppi (»Meine Freunde nennen mich Steppi, aber ich habe keine Freunde!«) seine voluminöse Streitaxt, die zwar nicht ganz so phallisch daherkommt wie die zahlreichen Schwerter und Kanonen (Batman-Zitat: »I don't have a sword!« Sprach's und drückt auf den Abzug seiner im Gefährt integrierten MG), aber doch die selbe Sprache spricht. Und dann nimmt der mediokre Showdown des Films dieses Thema auf, wenn Steppis Axt unter den vereinten Bemühungen der nervigen Heldenheinis fällt. Oder besser gesagt zerscheppert. Dann kommt es nämlich zu einer der lächerlichsten, aber dennoch stimmigsten Szenen des Films...
Fazit: Echte Helden haben keine Kastrationsangst, sondern riesige Eier!
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PS: Mir fehlen Zeit und Interesse, um auf diverse seltsame Szenen im Detail einzudreschen. Angefangen mit der Szene, in der Aquaman seinen Kummer (natürlich in Zeitlupe und mit Untermalung der White Stripes) mit einer Flasche Whiskey ertränkt, über die seltsame russisch/ukrainische Familie, das pietätlose »Leichensurfen«, die markigen Dialoge, die man häufig problemlos vorhersagen kann, Commissioner Gordons unfassbare Frisur, das bunte Happy-End, die mehrfach miesen Effekte undsoweiterundsofort.
Nur ein Batman-Zitat will ich noch wiederholen: »We tend to act like the doomsday clock has a snooze button!« Justice League ist so ein Schlummerknopf (mehrere Kollegen kämpften mit dem Schlaf), bezogen auf den bedenklichen Zustand des Filmgeschäfts. Aber das war auch keine wirkliche Überraschung.