"Ich bin sicher,
daß dieses Spiel mit der Zeit
auch populär wie der Fußball wird!"
(Sepp Blatter, FIFA-Präsident)
Schach ist das Spiel der Könige, und König Fußball
regiert die Welt. Wie hoheitsvoll mag dann wohl die
Kombination aus beiden Spielen sein? Die Antwort auf
diese Frage liegt nicht auf dem Platz, sondern im
Pavillon der Kirgisischen Republik (Halle 36, Stand
E-10) auf der EXPO 2000 in Hannover.
Dort erstand mein Freund Ralf kürzlich das
Brettspiel "New Football", das wir noch am selben
Abend auf Herz und Nieren prüften. "Lieber Freund!
Laß mich Dir ein neues intellektuales Spiel NEW
FOOTBALL anbieten. Ich nenne es NEW FOOTBALL, denn
ich meine, daß das eine neue Abart des Fußballs ist.
Die Idee der Schaffung dieses Spiels fiel mir ein,
als ich eines Tages verstand, daß der Schach kein
abstraktes Spiel, sondern ein Modell einer
mittelalterlichen Schlacht ist, da dachte ich, daß
man den Fußball, mein Lieblingsspiel, ähnlich
modellieren kann. Zum Glück gelang es mir!"
Fußball und Krieg, das klingt einleuchtend, also
lasen wir weiter: "Es freut mich, daß es nicht nur
modelliert, sondern auch den Geist des Fußballs
wiedergibt, ruft dieselbe Emotionen und Gefühle
hervor. Wenn du ein Tor hast, empfindest du solche
Begeisterung, als ob du selbst durch das Feld
liefest und das Toben der Fußballfreunde hörtest."
Wow, der Erfinder Timur Abishew wünschte uns am
Ende seines Vorworts "angenehme Erholung, Freude der
Schaffung, neue Empfindungen und Vergnügen" und
sogleich schritten wir zur Tat. Als erstes packten
wir die 22 filigranen und handbemalten Figuren aus
und verteilten sie wie befohlen auf dem
mitgelieferten Spielbrett. Doch das war gar nicht so
einfach, denn jede Figur, selbst der winzige,
liebevoll gestaltete Ball waren einzeln
eingeschweißt, zudem verfügte das Brett nicht wie
beim Schach über 64, sondern gleich über 384 Felder.
N12, H24, M19 … es dauerte über eine Stunde, bis
wir unsere Mannschaften in der sehr offensiven 4-2-4
Aufstellung angeordnet hatten. Und nach einer
weiteren Stunde vermeinten wir endlich, die nur
zweiseitige Spielanleitung verstanden zu haben. Die
Spielzeit beträgt zweimal 45 Minuten, pro Zug darf
ein Spieler fünf Umstellungen machen: "Eine Bewegung
ist eine Umstellung einer Figur auf den
Nachbahrwürfel wie waagerecht, als auch schräg. Der
Ballschlag gilt als eine Umstellung. Der Ball kann
über die freie Linie in biliebiger Entfernung
fliegen. Nur die Figur, die auf dem Nachbahrwürfel
steht, darf den Ball in die Richtung von der Figur
zum Ball schlagen."
Ralf hatte Anstoß, er zog sofort ab, Tor! Ein
Blitzstart, ich hatte noch gar keinen Zug gemacht
und protestierte heftig, fast kam es zu einem
Handgemenge. Schließlich lenkte ich ein, denn nun
war ich ja am Zug und revanchierte mich sogleich.
Nach fünf Minuten stand es 9:9, irgend etwas machten
wir falsch. Der Spielanleitung entnahmen wir, daß
wir uns für detaillierte Auskünfte an das Internet
wenden sollten, also schmissen wir den Computer und
das Modem an, bis wir bemerkten, daß nirgendwo eine
Internetadresse angegeben war. Auch die
Suchmaschinenanfrage blieb erfolglos, tief
enttäuscht packten wir das Spiel beiseite und zogen
unseres Weges.
Doch schon eine Woche später kamen wir erneut
zusammen, diesmal lasen wir die Spielregeln noch
sorgsamer und einigten uns auf eine andere Variante.
Als wir aber endlich die Figuren auf dem Spielbrett
aufgestellt hatten und loslegen wollten, mußten wir
feststellen, daß uns der Spielball verlustig
gegangen war. Und da es wirklich stillos wäre, mit
einem Radiergummi oder einer Filzstiftkappe zu
kicken, müssen wir nun erneut zum Kirgisischen
Pavillon pilgern. Immerhin kommt die EXPO so wohl zu
zwei weiteren Besuchern, und anscheinend ist "New
Football" tatsächlich zugleich ein Denk- und
Bewegungssport.