Fußball in Osteuropa
Ein Kinostart und eine Wiederaufführung von Fußball-Dokumentarfilmen
Andere Zeiten, andere Lebensformen. Die Motivation der Fußballer des damals sowjetischen Fußball Vereins Dynamo Kiew lautete 1975 vor den Spielen gegen Bayern München um den europäischen Supercup: „Dem Land Ehre bringen, nicht des Geldes wegen.“ Ob ihnen der Verzicht auf materiellen Segen „Beine machte“ und die Bayern wie Hasen übers Feld jagen ließ, ist zu bezweifeln. Jedoch bleiben die zwei historischen Siege gegen das bajuwarische Ensemble, welches Mitte der 70er als das Team schlechthin bezeichnet wurde. Die westliche Presse fand schnell ein gängiges Klischee, man nannte Dynamo „Das rote Orchester“.
Auch heute kommen die Macherinnen des Filmes nicht umhin, die Jungs als die ersten Popstars der Sowjetunion zu bezeichnen. Sei's drum, ein passabler Film ist ihnen gelungen. Unter Zuhilfenahme von vielen historische Fernsehaufnahmen zeichnen Alexandra Gramatke und Barbara Metzlaff ein munteres Bild europäischer Kulturgeschichte nach. Unvergessen das 1:0 Oleg Blochins in München, als er auf der linken Seite Katsche Schwarzenbeck enteilte, kurz stoppte, feststellen musste, dass keiner seiner Sportsfreunde mitgelaufen war, den heranhastenden Schwarzenbeck abermals düpierte, weitere zwei Bayernspieler austanzte und zum 1:0 ins linke, untere Eck einschob. Gloria!
Auch die Gegenwart der einstigen Dynamo-Helden wird beleuchtet, allein Blochin ist im Ausland beschäftigt, er ist in der zweiten griechischen Liga als Trainer untergekommen. Der Rest der Mannschaft wird in Kiew wohl bis zum Grabe heldisch verehrt, angestellt als Polizist, Trainer etc., und kickt nach Feierabend als verdienter Veteran und Held des Sports.
Der Film „Saturday Night Afternoon“ kommt anders zur Sache. Hier berichtet uns Regisseur Kornel Miglus, 5 km vom Ort des Geschehens entfernt geboren, vom brutalen Schicksal der Spieler und Anhänger des oberschlesischen Bergmannsportclubs Ruch Radzionkow. Obgleich vor Saisonbeginn die streng katholische Mannschaft samt zweier Priester zum Pabst gepilgert ward, um dessen Segen einzuholen, gelingt es nur unter größten Mühen, den Verein am Leben zu halten. Mit dem Steinkohleabbau, einst Polens mächtige Wirtschaftskraft, geht es zu Ende, und außer Bergbau, Fußball und vier Kirchen gibt es in Radionkow nicht viel. Zudem bekommt die schwangere Anetta, ihres Zeichens eine der wichtigsten Anfeuerrinnen der Mannschaft, nicht die von der Tante versprochene Wohnung. Die Tante meint, Anettas Mutter würde die Trennung von ihrer Tochter nicht verkraften.
Doch Ruch hält sich knapp in Polens 1.Liga, Anettas Kind ist gesund, und als arbeitsloser Bergmann kann man ja versuchen, den Deutschen nachgemachte Eiserne Kreuze auf dem Flohmarkt anzudrehen.
Ich empfehle beide Filme wärmstens.