Es ist da ein Buch erschienen, daß hierzulande wohl kaum Aufsehen, in den Vereinigten Staaten jedoch den einen oder anderen Leser erregen wird. Der aufwendig, aber stilsicher geschmacklos aufgemachte Band trägt den Titel
"Kill It & Grill it", ein Appell, der an Verfahrensweisen jüngster amerikanischer Politik erinnert. Doch nicht der altböse saudische Renegat OBL und seine Schergen sollen einer solchen Behandlung unterzogen werden, sondern die amerikanische Fauna, wie eine im Band enthaltene Fotostrecke eindrucksvoll beweist. Hinter den blutverschmierten Tieren in den Größen Eichhörnchen bis Braunbär posiert der Autor des Buches mit wechselnden Waffen: es ist der impertinent grinsende Ted Nugent.
Ted Nugent ist dem alterndem Musikfreund nur zu ungut als kreischender Schwanzrockinterpret in Erinnerung geblieben, der zum Müllhaufen der Kulturgeschichte mit Oden wie "Great White Buffalo" nicht unwesentlich beitragen durfte. Dieser Nugent, den der Klappentext zudem noch als Produzenten der Fernsehsendung "Ted Nugent Spirit Of The Wild" und Herausgeber des "Ted Nugent Adventure Outdoors" Magazin ausweist, hat mit seiner Frau Shemane ("a certified fitness instructor") ein Kochbuch verfaßt, in dem ausschließlich Selbstgeschossenes kredenzt wird. Dazu gibt das Paar Jagdepisoden zum Besten.
Das alles wäre nicht weiter erwähnenswert, zumal die Rezepte neben der exotischen Fleischwahl recht phantasielos und zudem einfältig gewürzt sind, trüge das Buch nicht eine kurze Widmung des Präsidenten George W. Bush und den Leser ins Fühlen und Denken einer nicht geringen Anzahl seiner Wähler. "Kill it & Grill it" ist Pamphlet eines genuin amerikanischen Outdoor-Lifestyles, der von Nugent mit der Verve und dem Pathos eines Erweckungspredigers propagiert wird. Nugents geschilderte Jagderlebnisse gereichen ihm jedesmal zur (Feuer-)Taufe, zu einem vulgär-sakralem Akt der Mannhaftigkeit.
In atemloser, von Worthäufungen geprägter Prosa erzählt Nugent von dem kraftmeierisch authentischem Lebensstil eines Jägers, der vorgibt, mit einer reinen Passion seine Familie ernähren zu müssen. Eine Passion im Übrigen, die Nugent geschickt und gnadenlos vermarktet. Es ist indes der unbedingte Wille zur Heroisierung der Jagd und der Jägerfigur, die aus der ulkigen Schrulle eines geschäftstüchtigen Rockstars, dem man einen gewissen Witz als Autor nicht absprechen kann, eine rundum unerfreuliche Angelegenheit macht. Die Selbststilisierung Nugents als Häuptling des "Tribe Nuge" und Ernährer der Familie läßt tief blicken, er blendet standhaft die Komplexität postmoderner Gesellschaften aus und sucht sein Heil in überschaubaren paternalistischen Lebensentwürfen. In einem Interview empfiehlt er beispielsweise der 8-Millionen-Bevölkerung Manhattans ernsthaft, die Flinte selbst in die Hand zu nehmen.
Die Nugents
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Nugent, dessen umweltpolitisches Engagement zweifellos ernst gemeint ist, propagiert einen Umweltschutz der Honoratioren - den einer idealisierten Jagdlobby und der unvermeidlichen NRA (National Rifle Association) der statt auf gesetzlich bindenden Übereinkünften auf das Vorbild charismatischer Führungspersonen angewiesen ist. Eine Rolle, die Nugent nur zu gerne zu spielen bereit ist. Ständig muß sich Nugent zudem religiöser und spiritueller Labels bedienen, um der Großartigkeit seines Tuns gerecht zu werden: "I thank the Great Spirit when I partake in this sacred flesh, now and forever." Sobald Nugent die Waffe in der Hand hat, geht es um Größeres als um die Erschließung von Proteinquellen. Es geht um das richtige, sogar um das gottgefällige Leben, um sinnstiftende Selbstvergewisserung mit der Waffe in der Hand – und heraus kommt ausgerechnet das testosterontriefende Rollenmodell eines weißen (!) tribesman, der von höchster Stelle Legitimation erhält. Darunter macht er ´s nicht, wo immer er geht, steht und schießt, der Herr ist auf seiner Seite – für Argumente ist da wenig Platz.
So nimmt auch sein abschließendes Glaubensbekenntnis nicht wunder: "The good hunting truth and the God-given right to keep and bear arms. All else is secondary and pivotal upon these right-to-life basics." Das alles wäre - wie gesagt - noch nicht besonders erwähnenswert, wenn sich die Parallelen zur amerikanischen Politik der Ära "Dubya" nicht so dramatisch aufdrängen würden, aber Gott sei Dank ist es ja nur ein Kochbuch.