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November 2007
Andreas Gläser
für satt.org




Mick Rock in Glühwein-City!

The Berlin Rock Photo Gallery. „Queen, David Bowie, Syd Barett - Meisterwerke von Mick Rock“

Ich habe die Eröffnungsmonate vom Alexa verpasst, mir neulich aber in den Schönhauser Allee Arcaden einen schwarzen Schapka gekauft, ohne Leder, nur mit Fell; vielleicht meinte Eva deshalb, wir sollten in die Kastanienallee fahren, da sei beim Schwarzkopf-und-Schwarzkopf-Verlag eine Ausstellungseröffnung, von einem, der David Bowie und Freddie Mercury und sonstige Sterne der Siebziger fotografiert hätte, was mich nicht so interessierte, denn ich war damals oft in Prenzlauer Berg mit einem Schapka unterwegs gewesen, und zwar mit einem schwarz-braunem mit Fellohren und einer ebenso farbigen Schädeldecke aus Leder, an der ich dauernd herum knabberte, weil ich nicht ständig meinen Füllfederhalter oder Bleistift zur Hand hatte, worauf der helle Leinenstoff zu Tage kam und mein Vater meckerte, als er noch erziehungsberechtigt und am lustigen Leben gewesen war; Gott mit ihm! Von Bowie hatte ich damals nur drei Lieder auf Kassette, „Helden“ und so, zu denen ich mich vor den Kindern vom Bahnhof Zoo gruselte, und in deren Richtung ich jubelte, als er während der 750-Jahrfeier Berlins vor dem Reichstag ein Konzert gab, dass wir von der Straße Unter den Linden aus verfolgten, wir Klubgaststätten-Punks, Ausreiseantragsteller und Schwerter-zu-Pflugscharen-Anhänger. 1987 in Mitte, ja ja. David war ein toller Typ, trotz durchwachsener Musik. Alle meine Schapkas hätten in sein „Ashes-To-Ashes“-Video gepasst, dass für mich den Beginn der Clip Culture darstellte. Zehn Jahre später hatte ich eine Karte für Bowie in der Deutschlandhalle zu Charlottenburg, ich verkaufte sie, weil der Anheizer abgesagt hatte, nämlich Morrissey. Kein Bock auf „Fame“ und „Fashion“ für 60 Mark, ein bisschen „Sound and Vision“ auf meiner zusammengeschnittenen Kassette waren genug. Jedenfalls musste meine Mütze gebührend eingeweiht werden, deshalb standen Eva und ich letzten Sonnabend pünktlich auf dem Schwarzkopf-Gehöft vor der Tür ohne Steher und dem Tisch mit Glühwein, genauso wie die anderen Freaks, von denen mich mindestens fünf Prozent als berühmt eingeordnet haben dürften, aufgrund meiner Katze auf dem Kopf, die mir rechts und links die Ohren wärmte und die Gehörgänge versperrte. Trotzdem bekam ich wiederholt mit, das von einem gewissen „Iwan“ geraunt wurde, zumindest solange, bis sich ein Kamerateam auf einen lustigen Lockenkopf konzentrierte, das war der flotte Fotograf, der Stern ohne Gehabe: Mick Rock! Endlich ging das Brett auf, wie wir coolen Kiezkinder sagen, viele Fotos sollten zu sehen und der Graf zu hören sein! Schluss mit studentischem „Slow Burn“ ohne proletarischem „Dancing In The Street!“ Ein flotter Moderator plauderte mit Mick The Click, wobei Eva und ich uns mit der englischsprachigen Performance kaum Mühe gaben. Das einzige deutsche Wort lautete „Glühwein“ und hielt als Running Gag her, warum auch nicht? Prenzlauer Berg war wieder knorke! Ich holte uns zwei Gag-Getränke und jonglierte sie durch die staunenden Szene-Zombies hindurch, wobei sich ausgerechnet der Typ über mein gewagtes Unternehmen aufregte, der seinem Kleinkind das Tohuwabohu zu später Stunde zumutete. Ich saß unter dem grandiosen Plattenhüllenfoto von „Queen II“, zusammen mit Eva und zwei lieben Teenagern, die das dicke Ansichtsexemplar erobert hatten und es vor uns im Schnelldurchlauf durchblätterten. Wir kuschelten, fast alle, ich fühlte mich wie Bobby Farrell von Boney M. ... Jedenfalls sehen wir uns im Alexa, Ihr erkennt mich am zu großen Schapka.



The Berlin Rock Photo Gallery.
„Queen, David Bowie, Syd Barett.
Meisterwerke von Mick Rock“.

Bis zum 6. Januar, täglich von 12 bis 20 Uhr, Eintritt frei.
Kastanienallee 32, Berlin-Prenzlauer Berg.
» www.rockphotogallery.com