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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




Dezember 2007
Stefan Pannor
für satt.org



Achtung:
Diverse Spoiler!

Terry Pratchetts 'Hogfather'
(Regie: Vadim Jean)

Terry Pratchett's Hogfather: UK 2007; Buch: Vadim Jean (mit Hilfe und Gemecker von Terry Pratchett); Darsteller: Michelle Dockery (Susanne), Marnix Van Den Broeke (Tod/ Körper), Ian Richardson (Tod/ Stimme & Erzähler), Marc Warren (Mr. Teatime), David Jason (Albert), Nigel Planer (Mr. Sideney), Peter Guiness (Mittlerer Dave), Stephen Marcus (Banjo), Rhodri Meilir (Der Gott Des Katers), Sinead Matthews (Zahnfee), Gesamtlänge 180 Min., Bonusmaterial DVD ca 90 Min. inkl. „12 Days of Hogswatch“ und Making of.

Terry Pratchetts 'Hogfather'
Erscheinungstermin DVD:
20.12.2007

Deutsche Erstausstrahlung:
25.12. 2007, Pro7

Terry Pratchetts 'Hogfather'
Terry Pratchetts 'Hogfather'

Stücke nach Pratchetts fast 40 Büchern werden schon seit Jahrzehnten (vor allem) auf Amateurbühnen gespielt. Es gibt diverse Hörspiel- und mindestens zwei Trickfilmbearbeitungen sowie Comics basierend auf Romanen des britischen Autors. Auch eines seiner Kinderbücher („Jonny and the Dead“) wurde bereits verfilmt. Was es bisher nicht gab, war eine Realverfilmung seiner Scheibenwelt-Romane, die knappe 95% von Pratchetts gesamtem Schaffen ausmachen, und in denen eine flache Fantasy-Welt getragen von vier Elefanten auf einer riesigen Schildkröte durch das Universum schwimmt.

Wie Pratchett selbst es formuliert, ist die Scheibenwelt „Herr der Ringe 500 Jahre später. Alle sind zur Ruhe gekommen und aus den Helden wurden Bürger“. Keine epischen Schlachten also, keine marodierenden Monster. Nur etwas Magie, viele Trolle, Zwerge und Golems und ein paar mehr oder weniger normale Menschen in einem Umfeld, das als Mischung aus Barock und Belle epoque daherkommt.

So ist denn auch Susanne Sto Helit, Kindermädchen in Ankh Morpork, der größten Stadt auf der Scheibenwelt, eine völlig normale junge Frau - sieht man einmal von ihrem leicht fanatischen Hass auf Butzemänner und Nachtmahre ab, die unter die Betten der Kinder kriechen. Und natürlich von ihrer Verwandtschaft. Denn Susanne ist die Enkelin des Todes - und das ist keine Metapher, sondern ein ganz normaler Familienstammbaum.

Tod, erwartungsgemäss in schwarzer Kutte und mit Sense, hat gerade viel zu tun. Der Schneevater, Scheibenwelts Pendant zum Weihnachtsmann, ist verschwunden. Und das ausgerechnet am Tag vor Hogswatch, dem Weihnachtsfest! Tod übernimmt seinen Job, aus Gründen, die lange unklar bleiben - und tritt von einem Fettnapf in den nächsten. Die Verwirrung über des Schneevaters Verschwinden zieht weite Kreise, führt Susanne sogar bis ins Schloß der Zahnkönigin und Tod in die Unsichtbare Universität von Ankh Morpork. Aber wo ist während all dem eigentlich der Schneevater abgeblieben?

Der Grundplot von „Hogfahter“ ähnelt sicher nicht zufällig „Tim Burton's Nightmare before Christmas“. Von einem Plagiat aber sind Buch und Film (der sich recht getreu an die Handlung der Vorlage hält) weit entfernt. Wo Burton ein romantisches Märchen im Sinn hatte, schwebt Pratchett eine launische Moralfabel über Gerechtigkeit vor. Das ist dann wie Dickens diverse Weihnachtsnovellen, nur viel viel lebendiger und selbstironischer.

Vadim Jeans Regie erweist sich dabei als Glücksgriff. Die beschränkten Mittel einer TV-Verfilmung (gelegentlich zu erkennen an wackelnden Kulissen und viel zu engen Blickwinkeln) kaschiert er geschickt durch Schnitt und Sentenzierung. Hervorzuheben sind auch die digitalen Tricks, vom ersten atemberaubenden Blick auf Groß-A'Tuin, die Scheibenwelt-Schildkröte, bis hin zum skurillen Sockentroll. Insgesamt entsteht, wie auch im Roman, ein zwar komisches, aber in seinen Grundzügen vor allem lyrisches Werk, das seinen ästhetischen Höhepunkt im ebenso schönen wie erschreckenden Zusammenbruch des Schneevater-Schloßes findet.

Überaus gelungen auch die Wahl der Darsteller. Wobei weniger Michelle Dockery als Susanne auffällt (blond, hübsch, schlecht gelaunt), und auch der arme Kerl im Schnitter-Kostüm (Marnix Van Den Broeke) nicht so sehr punkten kann. Um so mehr aber Marc Warren als Mr. Teatime (im deutschen eher ungeschickt „Herr Kaffeetrinken“ genannt), der den einäugigen Killer mit brillanter kindlicher Unschuld spielt, und David Jason als Albert, Deaths großmäuligem kleinen Helfer mit bestechendem irischen Proleten-Dialekt.

Leider geht das und vieles andere in der deutschen Synchronisation unter, die einmal mehr eher einem beliebigen Stimmbrei ähnelt und dabei den Originaltext sogar massiv verfremdet: aus der „Night before Hogswatch“, also der Nacht vor dem Scheibenwelt-Weihnachten, wird so die „Nacht vor Silvester“, wobei unklar bleibt, seit wann Kinder an Silvester Geschenke bekommen.

Wer kann, greift also auf die DVD zurück, bevorzugt auf die britische Original-Ausgabe, die wie nahezu immer reicher ist an Extras als die deutsche Version. Skeptiker können sich den Zweiteiler am 25.12. 2007 auf Pro7 ansehen.


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