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16. September 2013
 



  »Eltern sein. Kurz & geek« von Nicole & Maximillian Dornseif
Nicole & Maximillian Dornseif:
Eltern sein. Kurz & geek

O'Reilly 2012, 144 S., € 9,90
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Upgrade your parenting

Es mag entsetzen: Aber ich – Vater von zwei Kindern – habe noch nie einen Elternratgeber gelesen. Ich habe es einmal versucht. Aber nur, weil das Buch „Leitfaden für faule Eltern“ hieß. Über die Einleitung bin ich nicht hinausgekommen. Unter uns, wer ein Buch schreibt, dass sich an faule Menschen richtet und dann nicht nach, sagen wir 30 bis 50 Seiten des Pudels Kern abgehandelt hat, der hat das falsche Konzept für sein Buch gewählt. Oder zumindest den falschen Titel. Für alle, die so fühlen wie ich, gibt es nun das richtige Buch zur Elternschaft. Naja, zumindest für einige. Und es hilft auch, wenn man „Star Trek Voyager“ mag. Auf jeden Fall schadet es nicht. Was es eh nie tut.

„Eltern sein. Kurz & geek“ erscheint in der unterhaltsamen Reihe „kurz & geek“ bei O'Reilly Deutschland (und im Gegensatz zum einzigen anderen Text aus dieser Reihe, den ich kenne – „Hackerbrausen“ – ist es auch ordentlich lektoriert). Das ist nicht ganz unwichtig, da es sich bei O'Reilly vorrangig um einen im weitesten Sinne Sachbuchverlag handelt. Einen Elternratgeber mag man da wohl nicht unbedingt erwarten, es weckt aber ein bisschen die Erwartung, 'wie Kinder zu erziehen' könnte man genauso erklären, wie etwa 'Excel für Dummys'. Umso mehr, als das Nicole und Maximillian Dornseif, die Autoren des Büchleins und Eltern des großen Sohns, des jüngeren Sohns sowie von Fr. Kleinkind die als Anschauungsmaterial im Buch dienen, Tech-Geeks sind. Sie kamen zwar nicht wie die Jungfrau zum Kinde, wirklich vorbereitet waren sie aber auch nicht. Was man zugegebenermassen wohl auch kaum sein kann. Entsprechend war ihr erster Schritt das Auswerten von jeglicher Ratgeberliteratur, sowohl Print als natürlich auch online. Ihr Ergebnis: Die Realität mit unseren Kindern ist irgendwie anders als die dort beschriebene. Vor dieser ernüchternden Erfahrung wird man sicherlich auch nach der Lektüre von „Eltern sein“ nicht gewappnet sein, wenn man dann sein erstes Kind hat, aber diese Hoffnung wecken Dornseifs auch nicht (wobei der Großteils des Buchs von Nicole Dornseif stammt). Worum geht’s hier also?

Die Einteilung ist eigentlich recht klassisch: Du und Dein Kind, des Kindes Körper, des Kindes Aktivitäten, ... Nicht ganz so üblich und darum am spannendsten sind hingegen Dein Kind und die Technik sowie Dein Kind, Du und viel Spaß. Die klassischen Kapitel sind im Grunde genommen recht abzusehen geschrieben. Die Funktionen des kindlichen Körpers sind ja schließlich nicht auf einmal andere, nur weil die Eltern Programmierer sind. Aber vielleicht bekommt man ein Bild von der ganzen Sache, wenn man sich vorstellt, dass Leonard Hofstadter und Amy Farah Fowler es geschrieben haben könnte (was natürlich von der Beziehungskonstellation her nicht passt, aber Herr Dornseif erscheint mir einfach nicht wie ein Sheldon Cooper und Frau Dornseif auch nicht Penny. Was beide vielleicht Schade finden.). Wenn man diese Namen nicht kennt, sollte man das Buch besser eh nicht lesen. Es würde einem vermutlich keinen Spaß machen. Aber das macht es und das macht es so überzeugend. Dornseifs haben die Höhen und Tiefen des (Er-)Lebens mit Kindern durchgemacht, und schaffen es auf überzeugende Weise darüber zu berichten. Dabei wird man vermutlich nicht immer einer Meinung mit den Autoren sein. Ich finde einen Kinderwagen etwa viel sinnvoller als einen Bollerwagen, ein Tragetuch finde ich aber auch großartig. Ich würde auch nicht sagen, dass grundsätzlich alle Kindergärten und Schulen in Deutschland missraten sind. Zumindest gibt es Ausnahmen. Das man aber Homeschooling vorzieht und deswegen ins Nachbarland zieht, ist wiederum von bestechender Konsequenz. Auf diese Art funktioniert dann auch das ganze Buch: 'So haben wir das aus diesen und jenen Erfahrungen gehandhabt. Für uns funktioniert es nun.' Im besten Fall schafft das beim Lesenden ein Problemlösebewusstsein, denn – und das kritisieren Dornseifs zumindest implizit – man verlässt sich viel zu sehr darauf, das einem gesagt wird, wie man sich zu verhalten hat. Also zum Beispiel, wie man sein Kind zu erziehen hat.

In diesem Sinne regelrecht erfrischend sind die Kapitel, in denen insbesondere die Mutter über die Erfahrungen von Fr. Kleinkind im Umgang mit dem iPhone und später dem Tabelt-PC berichtet. Denn irgendwann überwinden die Kinder einfach den Schieberegler und beginnen Apps zu löschen. Die übliche Ratgebermami befiehlt einem spätestens an dieser Stelle, das Kind von Technik fern zuhalten. Dornseifs nicht. Und mittlerweile soll Fräulein Kleinkind recht versiert im Umgang mit Technik sein. Natürlich mag es auf der Hand liegen, dass technikbegeisterte Eltern ihren Kindern jedwede Technik in die Hand drücken und sie ermutigen, herauszufinden, wie dieses oder jedes funktioniert und natürlich auch die Ethik und Moral diverser Internetphänomene zu hinterfragen (was die Eltern nicht davon abhält, einen extra Minecraft-Server einzurichten und per Fake-Facebook-Profil wenigstens ein bisschen nach dem Nachwuchs zu schauen. Natürlich nicht, man ist ja schließlich Eltern.). Aber das heißt ja keineswegs, dass alle, die nicht ihre Rechner selber zusammenschrauben und hardcoden können, ihre Kinder technikfern aufwachsen lassen sollten. Im Gegenteil, Kinder sind ein hervorragender Anlass, endlich mal der Funktionsweise von zum Beispiel Toaster oder Kaffeemaschine auf den Grund zu gehen. Denn Kinder werden nicht aufhören zu fragen „Warum?“. Aber das wußte auch schon Peter Lustig.

Was hat das nun mit „Star Trek Voyager“ zu tun? Nun, Frau Dornseif empfand „Die Biene Maja“ als zu gruselig für Fr. Kleinkind. Besonders Kankras jüngere Nichte traf auf nicht so viel Gegenliebe. Eine Alternative war schließlich „Voyager“ - mit dem Ergebnis, dass bereits nach kurzer Zeit durch die Wohnung lief und rief „Wir sind die Borg. Sie werden assimiliert!“ Außerdem erweiterte sie ihren Wortschatz um Begriffe wie Jeffries-Röhre …