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Oktober 2003
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Tobias Lehmkuhl
für satt.org | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Wort und TatTypisch alteuropäisch fragt Heiner Geißler „Was würde Jesus heute sagen?". Die in den USA gängige und von amerikanischen Politikern gern benutzte Wendung hingegen lautet „What would Jesus do?". Der darin zum Ausdruck kommende Wille zur Tat gilt der konservativen Kulturkritik hierzulande schon lange als strahlendes Gegenbild zu der in Unentschiedenheit verharrenden Grübelei der Alten Welt. Die Reflexe aber ändern sich nicht. Statt sein Ideal direkt im Titel zu exponieren, wählt Geißler die vermeintlich stilvollere, auf jeden Fall aber bedächtigere Formulierung. Dabei geht es dem CDU-Politiker und Jesuitenschüler jedoch gerade um die Verbesserung der Weltverhältnisse aus dem Geist des Evangeliums, das von ihm als Aufforderung zur Tat interpretiert wird: „Das Evangelium erfordert das «Tun». Fast kein Wort wird darin häufiger gebraucht als tun. Es geht nicht um Theorien, sondern um das richtige Handeln.“ Und oberstes Prinzip müsse die Nächstenliebe sein, die ständige Bereitschaft, jedermann Gutes zu tun. Gut gemeint ist auch Geißlers Buch. Wenn er ellenlange Listen vorlegt, die das Elend dieser Welt, den Hunger und die Armut dokumentieren, wenn er die Gleichberechtigung der Frau einfordert und den IWF kriminell nennt, wenn er für das Kiffen und gegen den Kapitalismus argumentiert, dann wird man sich ihm gerne an die Seite stellen. Ebenso lässt sich hinnehmen, dass er Jesus als Rebellenchef und seine Jünger als „Gang von Autonomen“ bezeichnet. Ein spannendes oder anregendes Buch benötigt jedoch mehr als erbauliche Worte in jugendlich-forschem Gewand. Gebetsmühlenartig dreht sich Geißlers anbiedernde Beschwörung der revolutionären Potentiale des Christentums im Kreis. Einzuschlafen ist die einzige Tat, zu der man nach Lektüre dieses Buches noch fähig ist. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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