Klaus Gaida:
Luftkrieg und Literatur
„Luftkrieg und Literatur“, in einem Essay dieses Namens beschuldigte der im letzten Jahr verstorbene Schriftsteller W. G. Sebald seine Berufskollegen, vor der Realität des Luftkrieges und der Bombardierungen versagt zu haben. Sie hätten deren Grauen nicht ansatzweise zu beschreiben verstanden bzw. eine solche Beschreibung erst gar nicht versucht. Ob Sebald mit Klaus Gaidas Gestaltung des Themas einverstanden gewesen wäre? Der Künstler zeigt in der Galerie Haferkamp eine Serie von Arbeiten, die sich auf Sebald berufen.
Doch auch hier wird der Realismus zugunsten ästhetisierender Abstraktion ausgespart. Denn nicht die Thesen Sebalds haben Gaida zu seiner Serie angeregt, sondern eine Fotoserie, die im „Luftkrieg“-Buch abgebildet ist. Gaida benutzt sie als wertfreies Ausgangsmotiv, seine Bilder bilden schnelle Bewegungen ab wie Wischgrafiken oder Foto-Solarisationen. Durch sämtliche Bilder setzt sich eine einzige Bewegung fort, als handele es sich um ungegenständliche „stills“ eines Verlaufs. Sie bewahren so zwar den Eindruck von Geschwindigkeit und Farbwerten, wie sie im Luftkampf des Zweiten Weltkriegs eine Rolle gespielt haben werden. Das ist auch malerisch und ästhetisch überzeugend dargestellt, aber sie dienen eben auch zur Tilgung des realen Grauens, das hinter den Originalbildern lauert. Der Bezug auf Sebald verwundert und irritiert somit.
Erst recht, wenn man den zweiten Ausstellungsbeitrag Michael Fahres dazu in Beziehung setzt, der eine Reihe von Kreisel-Kompositionen beigesteuert hat. Denn als übergreifendes Motiv bei beiden erweist sich damit das „Prinzip“ des Kreisens, der schnellen Drehbewegung, bei Gaida bildet also ein rein formales Kriterium den Brückenschlag zu den Klanginstallationen des Musikers.
Fahres Klänge erinnern an eine Windorgel, ein überdimensionaler Beispielkreisel demonstriert auf praktische Art, wie diese Töne materiell entstehen. Das bietet dann den Ausgangspunkt für weitergehende Bearbeitungen am Computer, Fahres setzt bis zu 30 Spuren Kreisel nebeneinander. Es ergibt sich ein meditativer Klangkorpus mit aleatorischen Verschiebungen, der an die „minimal music“ erinnert. Im Rahmen der Ausstellung wird Fahres die Gesamtkomposition noch einige Male aufführen, so am 4. und 8. Oktober, sowie zur Finissage am 18. Oktober (jeweils 19 Uhr).