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März 2007 |
Sigrid Gaisreiter für satt.org |
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Lichtungen
Als ein Archiv vergangener Momente präsentiert eine Ausstellung Fotografien aus dem ersten Jahrhundert der Fotografie. Sie wird zunächst in Berlin in der Alten Nationalgalerie (13.12.2006 - 25.2.2007) und dann in der Kunsthalle Tübingen (31.3.-10.6.2007) gezeigt. Auf dieser Station wird die Ausstellung im Kontext der französischen Malerei des 19. Jahrhunderts wie Paul Cezanne und Edgar Degas präsentiert, ein Streich von Götz Adriani, bestimmte er doch in Tübingen lange Jahre das Programm der Kunsthalle, in der oft Kunst der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu Gast war. Dieser innere Dialog der Medien wird spannend, war doch Licht das Thema der Impressionisten und ihrer Vorläufer, der Landschaftsmaler um Camille Corot in Fontainebleau. Dieser war mit einigen Fotografen, wie Gustave Le Gray und Henri Le Secq befreundet, die in dieser Ausstellung gezeigt werden und denen die Maler auch viel verdanken, schließlich ersetzte die Fotografie die vorbereitende Zeichnung für Gemälde. Insbesondere vor der Arbeit Le Grays verneigen sich die Kuratoren und so sind seine Werke stark vertreten. Insgesamt profitieren vor allem bislang unbekannte Fotokünstler davon, dass die anfangs illegitime Kunst Fotografie seit den 1970er Jahren an Wertschätzung gewann und die jetzt neben den bekannten Namen wie Charles Nègre und William Henry Fox Talbot plaziert wurden. Fulminant war der Auftritt Le Grays 2002, als die Bibliothèque Nationale in Paris zum ersten Mal den Starfotografen des 19. Jahrhunderts umfassend präsentierte. In Deutschland machte sich Wilfried Wiegand, lange Feuilletonchef der FAZ, mit dem Sammeln von fotografischen Meisterwerken aus der Frühzeit des Mediums einen Namen. In dem jetzt vorliegenden Katalog steuerte er, neben Alexander Schwarz und dem Herausgeber Heiner Bastian, einen schönen Textbeitrag bei. Alle Autoren sind von dem besonderen Zauber alter Fotografien eingefangen und ziehen Verbindungen zur Malerei eines Corot oder Carl Blechen. So spricht Wiegand von der "Magie der Alten Meister" und ihrem "Variantenreichtum". Neben Stilistischem, das Handwerkliche spielte eine große Rolle, da jeder Fotograf individuell mit den Fotochemikalien experimentierte, die damals noch nicht industriell gefertigt wurden. Sehr subtil führen die Beiträger in die Arbeiten der hier versammelten Magier der Dunkelkammer ein, stets darauf bedacht, die Besonderheit eines jeden zur Geltung zu bringen. Der Band zeigt verschiedene Sujets, hauptsächlich jedoch menschenleere Aufnahmen von Landschaften und Gebäuden, meist in Brauntönen, aber auch andersfarbig grundiert und er führt aus Europa heraus nach Nah- und Fernost. Welche Mühe es machte diesen Fotografien auf die Spur zu kommen, wird sehr schön an Le Gray deutlich. Ursprünglich Maler begann er als Fotograf im Nebenberuf, stieg dann zum in Paris gefeierten Fotografen auf, ehe er sich, auf der Flucht vor Gläubigern, nach Ägypten absetzte und dort 1882 starb. Erst nach gründlicher Archivarbeit konnten seine Ägypten-Fotos 2002 in der großen Retrospektive präsentiert werden. Einige von ihnen sind jetzt auch in Berlin zu sehen, zusammen mit Le Grays Meeresbildern, für die er schon damals berühmt war. In der Dramatisierung von Licht war der Fotokünstler großer Meister: es drängelt sich durch die Wolken und spielt auf der Wasseroberfläche, damals technisch schwierig, da kurze und lange Belichtungszeiten miteinander kombiniert werden mußten. Ganz anders verfuhr Charles Clifford, der 1862 den Innenraum der Kathedrale von Cordoba sachlich kühl in Szene setzte. Man könnte ihn als Vorläufer von abstrahierenden Strukturbildern bezeichnen. Die Ausstellung versammelt Werke, die um 1850 und einige Jahre danach entstanden. Eingefangen wird eine vergangene Welt, Heiner Bastian trauert ihr in seinem Textbeitrag ein wenig nach. Es war eine Zeit als die Mechanisierung der Lebenswelt erst begann und es auf der Welt stiller zuging, für Bastian macht dies den Reiz dieser Bilder aus. Ihre Stimmung auf Suche nach der verlorenen Zeit drückten die Ausstellungsmacher mit dem Titel "Fragmente zur Melancholie" aus. Jedoch, es gibt kein Revenier, die Zeit spricht aus diesem Hotel Memoria, das viele Türen hat und vom Betrachter nur eines erwartet, genau hinzusehen. |
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