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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen



Februar 2001
Mikko Stübner
für satt.org

Florian Illies
Generation Golf
Eine Inspektion

Fischer Taschenbuch Verlag
Frankfurt a. M. 2001
DM 16,90



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Florian Illies
Generation Golf
Eine Inspektion

Argon Verlag
Berlin 2000
217 Seiten
Gebundene Ausgabe
DM 34,00

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Florian Illies
Generation Golf
Eine Inspektion
Audiobook.CD

Hör Verlag
München 2000
DM 26,90

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Florian Illies:
Generation Golf
Eine Inspektion



Es ist schon viel über dieses Buch geschrieben worden und es ist lustig, daß es in einigen Buchhandlungen bei den Sachbüchern zu finden ist. Eigentlich ist Florian Illies‘ Werk nichts weiter als eine Sammlung von Hintergrundwissen zu den Büchern der sogenannten neuen deutsche Popliteraten. Das ist aber auch genau der Grund, warum ich es unbedingt haben mußte. Außerdem fahre auch ich seit nunmehr vier Jahren ausschließlich Golf.

Die Generation Golf ist dem Autor zufolge aber noch mehr: sie ist "Verbotene Liebe", Türkei-Urlaube mit der Freundin, Space Invaders und natürlich Barbour-Jacken. Moment mal, grüne Wachsjacken, hat da nicht schon mal jemand ausgiebig drüber philosophiert? Richtig, Christian Krachts "Faserland" handelt eigentlich von nix anderem. Das weiß Illies aber auch und würdigt es durch mehrfaches großzügiges Product-Placement für den befreundeten Jung-Autor. Fast noch öfter zitiert und zelebriert er den vermeintlichen Jung-Rüpel aus Göttingen, der so gerne kurze Haare zu Anzügen trägt und dessen Name hier nicht erwähnt werden soll, weil sich MTV und Biolek dieser Aufgabe in der jüngsten Vergangenheit schon ausgiebig gewidmet haben. Und genau das ist das Problem: die permanente Selbst-Zelebrierung.

Hier greift das Wort Stildiktat wirklich. Nirgendwo sonst habe ich bisher so dezidiert lesen können, warum ich als vollwertiger Mensch unbedingt Hemden tragen muss und wie meine Wohnung auszusehen hat. Natürlich hat Illies damit recht, dass Altbauten mehr Geschmack beweisen als komplett aus der Ikea-Hölle eingerichtete Rauhfaser-Neubauten. (Obwohl er einschränkend sogar erlaubt, dass man bei dem skandinavischen Möbelgroßmärkten einkaufen darf.) Ich selbst habe so einen Freund, dessen riesige Charlottenburger Neubau-Wohnung extrem geschmacklos, teuer und steril eingerichtet ist. Er ist natürlich Bankkaufmann und ich befürchte ernsthaft, daß er eines Tages zum deutschen Patrick Bateman mutieren könnte. Aber das nur am Rande.
Jedenfalls stimme ich in vielen Ansichten mit Illies überein, habe jedoch an einigen Stellen das Gefühl, daß er zu weit geht und mit der Wirkung seiner Thesen als Status Quo spielt. Soll heißen: viele denken immer noch, daß alles, was irgendwo geschrieben steht, auch wahr sein muß. Und das finde ich in diesem Zusammenhang sehr gefährlich. Als Mitglied der schreibenden Zunft bin ich mir sehr wohl der Verantwortung gegenüber den Rezipienten bewußt - ich versuche also immer, meine Meinung von Allgemeingültigem zu deutlich zu trennen; dieses gelingt dem Autor Illies eindeutig nicht.

In dieser Selbstherrlichkeit liegt eigentlich auch meine einzige Kritik, denn ansonsten ist "Generation Golf" nicht nur durchweg lesbar sondern auch sehr amüsant. Heike Makatsch wird auf dem Buchumschlag mit den Worten zitiert, daß sie zunächst sehr über "Generation Golf" gelacht hätte, dann aber am Schluß sehr traurig darüber war, weil so viel Wahres darin stand. Ich vermute mal, daß ihre Traurigkeit nicht zuletzt daher rührt, dass Illies schreibt, ihr Mund sähe immer so aus, als hätte sie zu oft Nutella vom Messer abgeleckt - allerdings weiß man das nicht so genau.

Weitere Pluspunkte verdient der Autor für seine nach sieben Kapiteln reiner Bestandsaufnahme wirklich sehr plötzliche aber treffende Aussage, dass sich "das Gros der Generation Golf allein um die Zukunft der eigenen Arbeitsstelle und die eigene Familienplanung kümmert". Sehr schön, das läßt mich ja genauso hoffen, wie sein selbstkritischer Schlußsatz. Aber lest selbst, denn es lohnt sich!