Ein moderner Mafia-Roman:
Barbara Kirchners
"Die verbesserte Frau"
Wenn man dem Umstand, dass Barbara Kirchners Buch "Die verbesserte Frau" von den Spex-Lesern zum besten Buch des vergangenen Jahres gewählt wurde eine Bedeutung beimessen möchte, dann sollte es die sein, dass man sich bei der Lektüre des Romans keineswegs langweilt. Entführungen, Schlägereien, Morde, Freundschaft, Liebe, Sex; es ist alles drin in dem Buch, was nötig ist, damit es wie festgeleimt an den Händen des Lesers klebt. Und es ist geschickt arrangiert, gut geschrieben und in keinerlei Hinsicht zimperlich: Die Leichenberge türmen sich nur so, auch manche sympathietragende Hauptfigur muss dran glauben. So it goes.
Und warum das alles? Warum fegt Bettina vom Winde verweht Die-Hard-mäßig durch die große Stadt Borbruck? Nun, die Sex-Mafia treibt ihr Unwesen. Aber nicht irgendeine Sex-Mafia! Die Paten von heute sind nämlich so hart drauf, da sind Produzenten von snuff-Videos Waisenknaben dagegen. Und sie tragen auch keine Ledermäntel, sondern Medizinerkittel. Und statt auf Maschinenpistolen setzen sie auf Biotechnologie. Noch einmal: Warum das alles? Lesen sie selbst:
"[Unsere Kundschaft] wollte diesmal eine Frau, und die musste nicht nur irgendwie devot' sein und was einstecken können', wie Sie's so hübsch ausgedrückt haben. Sie sollte, wenn irgend möglich, an der Erfüllung der ihr zugedachten Aufgaben echten SPASS haben. Es geht hier nicht um Spielchen, um das, was sich Sado-Maso-Szene nennt … das sind Inszenierungen, das ist Subkultur, das interessiert keinen Menschen. Die haben mit dem, was wir wollen, nichts zu tun … einverständige Erwachsene, die ihren Traum leben: Hippiescheiße! Der Traum, um den es hier geht, bei uns geht, verstehen sie, ist der Traum der Herren [ …] von der rechten HINGABE, von der wahren ERGEBUNG."
Und auf dem "Weißen Berg", der privaten Forschungseinrichtung in Borbruck will man diesen Traum wahr machen. Der Verschleiß an Testobjekten, sprich: jungen Frauen, ist dabei, wie man sich denken kann, nicht gerade gering.. Ich will ja nicht verraten, wer da alles zum Testobjekt wird; dass es schließlich auch an Bettinas Freundinnenkreis geht, kann aber kaum überraschen. Inwiefern Bettinas Schwarm, Dr. Ursula Olim, mit der ganzen Verschwörung zu tun hat, soll auch nicht verraten werden. Und kein Wort von Bettinas verkorkstem Mitbewohner. Der nette Kriminalkommissar geht übrigens schon nach wenigen Seiten drauf, soviel sei erlaubt zu sagen. "Die verbesserte Frau" verrät einem auch manchmal mehr als einem lieb ist.