Endlich hat ein Buch das Licht der Welt erblickt, welches dem verständigen und wissensdurstigen Leser die Geschichte der Stadt Ostberlin in den Jahren ihres Siechtums nahe bringt.
Andreas Gläser, Jahrgang 65, Bewohner des Prenzlauer Berges seit Anbeginn, erzählt im anmutsvollsten Berliner Schnodderton „watt damals so war“ und wie es heute im zum Szeneviertel verkommenden Bezirk zugeht: „Wir haben alle eine brauchbare Erziehung genossen. Eine brauchbare Erziehung aus einer Zeit, in der sich auch niemand beschwerte, wenn vor dem Haus ein Grenzer einen Studenten abknallte. Und jetzt kommen die hierher, weil sie gehört haben, dass Prenzlauer Berg so schön marode ist. Ich sage zum Schamhaarfriseur: Hier is jetz wieder langweilich!“
Auf Studenten und Schamhaarfriseusen, jederzeit „bereit sich jedem Kapitalisten ans Gedärm zu hängen“, hat es Gläser besonders abgesehen. Als stolzer Sohn des Proletariats ist es ihm Menschenpflicht, wenigstens einmal pro Woche eine der Berliner Lesebühnen zu entern, und dem vorwiegend studentischen Publikum eine Standpauke zu halten. Gläser erzählt nicht nostalgisch verkuschelt von seinem ersten T-Shirt, oder macht aus einem Trabanten eine V2. In seinen Geschichten gehts um existenzielle Dinge, wie die harte Arbeit auf dem Bau zwecks Sicherung des Lebensunterhaltes und die Gestaltung der knapp bemessenen Freizeit durch Sport & Spiel.
Wie der Titel schon verrät, spielt der Berliner Fußballclub Dynamo eine entscheidende Rolle im Dasein des Dichters. Hier setzt der Held dann und wann sein Leben aufs Spiel.
„Ich drehte mich um und machte eine Blitzbekanntschaft mit einer fremden Faust. Für eine Sekunde war es dunkel. Danach sah ich mich jemandem gegenüber, der mir körperlich überlegen war. Er zeigte sich gesprächsbereit und wollte nur meinen Schal.“
Das Buch ist eine Sammlung von Geschichten. Den roten Faden bildet die vierteilige BFC-Titelstory. Die chronologisch geordneten Stories sind gewitzt, die Debatten der Protagonisten leben durch das angewandte Berlinisch. Zum Wahlverhalten: “Also wenn se Tiere im Parlament wolln, müssn se die APPD wähln! Viele Kandidatn von denen sind ja Hundebesitza! Da läuft dit Herrchen dem Hund hintaher und nich umjekehrt.“
Morgengrauen in der Fußballkneipe: „Sach ma, biste Zivi oder watt!?“
Zur Frage des Berliner Stadtwappens: „ Die eene will, dass im Stadtwappn nich nur imma der Berlina Bär zu sehn is, sondan ooch mal ihr eigna! Höhöho, die hat Sorgn!“
So gehts munter und wenig pc weiter, bis im Buch gefährliche Frauenzimmer auftauchen und der Geschlechterkampf ausgefochten wird.
Das geht nicht ohne Komplikationen, am Ende findet man sich im Krankenhaus wieder, genauer auf der Entbindungsstation. Der Held des Buches hat ein Kind gezeugt, naturgemäß mit einer Studentin. Erich Mielke feiert in seiner Zelle mit Meister Nadelöhr, dem Sonntagnachmittagsmärchenerzähler des DDR Kinderfernsehens, die Siege des BFC in der vierten Liga und auf Seite 222 werden wir endlich aufgeklärt wird, warum der BFC am Mauerbau schuld hat.