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Januar 2003
Tobias Lehmkuhl
für satt.org

Ezra Pound:
Pisaner Cantos

übersetzt von Eva Hesse
Arche Verlag, Zürich 2002

Ezra Pound: Pisaner Cantos

288 Seiten
22 EUR
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Ezra Pound
Pisaner Cantos


Eine geglückte Übersetzung allerdings macht noch lange kein gutes Buch. Der Arche Verlag hat nun die „Pisaner Cantos“ Ezra Pounds in einer zweisprachigen Ausgabe wieder aufgelegt. Dies „Cantos“ entstanden im U.S. Army Disciplinary Training Center, wo Pound 1945 für seine Radioansprachen im Dienst des italienischen Faschismus gut fünf Monate lang interniert war, bevor man ihn für 13 Jahre in eine Washingtoner Irrenanstalt steckte. Sie gelten heute vielen als Pounds Meistwerk und überhaupt als ein dichterisches Meisterwerk des 20. Jahrhunderts. Aber selbst gestandene Anglisten kapitulieren vor diesen Texten, die auf den ersten Blick tatsächlich wie die eines Irren wirken. Das tun sie übrigens auch noch auf den zehnten Blick: Allein Pounds die Cantos prägende Vielsprachigkeit dürfte kaum einen Leser ohne umfangreichen Anmerkungsapparat auskommen lassen (die Arche-Ausgabe bietet gar keinen): Neben Englisch wird der geneigte Leser mit Italienisch, Spanisch, Französisch, Lateinisch, Griechisch und Chinesisch konfrontiert. Ein Sprachungetüm also, dass sich wohl einzig mit Joyce’ „Finnegans Wake“ vergleichen ließe. Metzlers Englische Literaturgeschichte widmet den „Cantos“ ganze zwei Sätze, „ein riesenhafter, über weite Strecken unverständlicher Torso“ heißt es dort über den Text, der zudem „nur gelegentlich poetische Dichte erreiche“.. In Metzlers Amerikanischer Literaturgeschichte sind ihnen immerhin drei, wenn auch ähnlich hilflose Sätze gewidmet.

Man muss schon Spezialist sein oder genug Zeit haben, einer zu werden, um sich an den „Pisaner Cantos“ zu erfreuen. Die kompetente Übersetzung Eva Hesses dürfte dabei hilfreich sein. Weniger hilfreich dagegen ihr recht unsägliches Nachwort, das speziell für diese Neuausgabe geschrieben wurde. Es breitet holzschnittartige sozioökonomische und psychologische Erörterungen aus, marginalisiert seitenlang Pounds Begeisterung für den Faschismus (dann soll man doch besser gleich davon schweigen) und gibt zu verstehen, des Dichters Geisteskrankheit sei durch Haftbedingen verschuldet, die er ganze drei Wochen lang ertragen musste. Eine phrasenhafte Werkbeschreibung rundet den ganzen Schmock ab.