Die Autorin ist in Frankreich eine bekannte Theaterautorin, in Deutschland sind bisher zwei Romane ("Meeresrand" und "Nr. Sechs") von ihr erschienen. "Eine so schöne Zukunft" handelt von zwei Frauen, Elisabeth und Clara, beide leben in Paris, sind Mitte dreißig und in kreativen Berufen tätig.
Elisabeth, Schauspielerin, verheiratet mit Pascal, Theaterregisseur, zwei Kinder, versucht den Spagat zwischen Heim und Karriere zu bewältigen. Angetrieben von der Angst eine schlechte Mutter zu sein einerseits und ihrem Bedürfnis nach eigenständigem Erfolg in ihrem Beruf andererseits kreist sie in ihrer kleinen Welt: Sie kümmert sich um ihre Töchter, schlichtet im Streit zwischen ihrem Mann und der Theaterleitung, spielt bei offiziellen Anlässen die Frau des Theaterregisseurs, organisiert das alltägliche Familienleben, sondiert zwischendurch die angebotenen Rollen und zweifelt immer wieder an ihrem schauspielerischen Talent. Ihre heile Welt löst sich auf als sie erfährt, dass Pascal sie betrügt.
Clara, Journalistin und Radiomoderatorin, schön, kinderlos, erfolgreich, führt seit 5 Jahren mit Boris, Schauspieler, eine Beziehung, immer im Konflikt zwischen ihrem Wunsch nach Intensität und der Angst vor Abhängigkeit und zu großer Nähe. Als sich Boris ein Kind von Clara wünscht, kommt die Abscheu und Angst vor ihrer Abstammung wieder in ihr hoch. Claras Vater ist Produkt einer Vergewaltigung. Von seiner Mutter vor der Tür der Familie seines Vaters abgelegt, wächst er als ungeliebter Außenseiter dort auf. In jungen Jahren häuft er ein Vermögen an, verfällt dann aber in Depressionen und versucht mehrfach, sich umzubringen. Clara, die sich selbst für potentiell verrückt hält, befürchtet, charakterliche und psychische Mängel an ein zukünftiges Kind weiterzugeben.
Beide Frauen prallen am Eingang eines Cafes in ihrer mentalen Schwäche aufeinander wie zwei Billardkugeln, ihre Ausnahmesituation scheint sie empfänglich und fähig für eine besondere Freundschaft zu machen: "Ja. Sie hatte eine Freundin … Das war verwirrend … Ein Verstehen. Eine Hand auf ihrer Schulter." Eine existentielle Freundschaft voll intensiver Schwere, ohne Leichtigkeit: "Sie war verwirrt von dieser fast brutalen Offenheit, hätten sie nicht plaudern und lachen sollen, im Rhythmus des Spazierganges – die berühmte weibliche Vertrautheit, unmittelbar und ohne Schwere?"
Während alle anderen Beziehungen im Roman scheitern (die Paarbeziehungen und die Bindungen von Clara und Boris zu ihren Eltern), wird die Freundschaft zwischen den Frauen zelebriert und idealisiert. Ein Füreinander da sein ohne wenn und aber, eine eingeschworene Gemeinschaft, ein bißchen viel Farbe in einem sonst schwarz-weißen Roman.
Mit der jungen Frau Leila, die in Kinderheimen und Pflegefamilien aufgewachsen ist, die in Hotels und Cafés jobbt und davon träumt, Kosmetikvertreterin zu werden, deren Sorgen existentiell sind (keine Arbeit, keine Wohnung) bringt Olmi noch einen anderen Aspekt in die Geschichte. Elisabeth beneidet Leila um ihre Einfachheit, ihren Optimismus, vielleicht sogar um ihre "echten" Sorgen. Sie glaubt, dass Menschen wie Leila eher in der Lage sind, Glück und Zufriedenheit zu erlangen. Entspricht das der Realität oder entspringt dieser Gedanke nur der Selbstverliebtheit, Borniertheit und einer gesteigerten Ignoranz von Menschen, die keine existentiellen Sorgen haben, sich aber genau deshalb bedauern?
Die Figur und der Konflikt der Elisabeth sind sehr eindringlich dargestellt. Elisabeth ist eine Frau mit großen Erwartungen an sich selbst, voller Komplexe und Selbstzweifeln, die versucht eine gute Mutter und Schauspielerin zu sein, auf beiden Gebieten mit wechselndem Erfolg. Sie hat sich in ihrem Leben eingerichtet, schöpft ihr Glück aus den kleinen Momenten des Lebens- ein Gespräch mit der fünfjährigen Tochter, eine perfekt zubereite Mahlzeit, ein gutes Gedicht. Sie versucht das Positive in den Dingen zu sehen. Doch ihr Bewertungsschema ist brüchig, eine Veränderung im System reicht aus, um ihr gesamtes Selbstbildnis ins wanken zu bringen. Plötzlich ist sie sich nicht mehr sicher, ein gutes Leben geführt zu haben.
Die Figur der Clara bleibt dagegen fremd. Die komplizierte Beziehung zwischen ihr und ihren Eltern wirkt inszeniert, künstlich, unecht. Auch ihre Beziehung zu Boris bleibt schemenhaft. Hier wirkt das Buch konstruiert.
Der verheißungsvolle Titel kann nicht halten, was er verspricht. Veronique Olmi ist eine Schriftstellerin, die spannende Geschichten sehr eindringlich zu erzählen weiß, allerdings wirken ihre bisherigen Romane durch ihre Kühle sehr distanziert. Der Titel dieses Romans hat Hoffnung auf mehr Leichtigkeit gemacht. Dies gelingt ihr nur in ihrer Geschichte um Elisabeth, die Geschichte von Clara dagegen ist voller Düsterheit und Schwere, die den Leser zu Boden zieht. Der Roman endet abrupt. Den Figuren wird kein Raum gegeben, eine wirklich positive Entwicklung zu machen. Eine schöne Zukunft findet nicht statt, wenn auch die Möglichkeit bei Elisabeth zumindest zu bestehen scheint. Fast scheint es, als hätte die Autorin Angst, durch ein positives Ende die Ernsthaftigkeit ihrer Romane in Zweifel zu ziehen. Vielleicht steht ihr in dieser Hinsicht auch ihr Herkunftsberuf als Theaterautorin im Wege?