Die Angst der Männer schlechthin
Dr. Morgan sieht einfach zu gut aus für eine Analytikerin, stellt Christoph Madlé fest. Selbst jetzt, während er bei Dr. Morgan sein Trauma aufarbeitet, kann er nicht von den Frauen lassen. Die eine, große Liebe hat er jedoch verloren: Er muß "ohne Maria" leben, und wie es dazu kam, erzählt Schömels Roman.
Christoph Madlé wurschtelt sich so durchs Leben: Der studierte Philosoph lebt in Mainz und schlägt sich mit Jobs für den Rundfunk durch. Was ihm fehlt, ist die Liebe. Bei einem Spaziergang lernt er Maria kennen, eine ziemlich verstörte junge Frau. Die beiden verlieben sich, aber ihre Beziehung kommt nicht recht in Schwung. Vielleicht wegen Madlés angstbesetztem Verhältnis zu Frauen: "Die Angst, die mich in diesen Momenten befiel, war vielleicht die Angst der Männer schlechthin, wenn sie nämlich begreifen, daß eine Frau tatsächlich in einem Raum handeln kann, der ganz und gar vom Manne frei ist, und daß sie diesen Raum in einer Perfektion beherrscht, die wir Männer niemals erreichen."
Maria beendet dann auch die Beziehung rasch und ohne Kommentar, was Madlé in totaler Ratlosigkeit zurückläßt. Beruflich hat er jedoch eine Glückssträhne: Er wird als Redenschreiber engagiert und leistet sich bald Statussymbole wie handgenähte Schuhe und eine attraktive Geliebte. Das große Los scheint er gezogen zu haben, als der Unternehmer Jungmann ihn beauftragt, seine Biografie zu schreiben. Daß dieser Job kein Zufall ist, erfährt Madlé erst später. Und so findet und verliert er Maria zum zweiten Mal.
Schömel portraitiert mit Christoph Madlé einen zutiefst Einsamen, der sich hemmungslos seiner Melancholie hingibt, und liefert tiefe Einblicke in die männliche Psyche. Solche Offenheit ist selten, und sie macht das Buch so außergewöhnlich. Madlé ist unfähig, seine Niederlagen und Unsicherheiten zu bemänteln, er läßt den Leser schmerzhaft nah an sich heran. Daß der Plot irgendwann etwas aus dem Ruder läuft und die Titelfigur Maria weit weniger psychologisch genau konstruiert ist als Madlé, wird da fast zur Nebensache, ist aber dennoch schade.