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Februar 2006 Hartmuth Malorny
für satt.org

Daniel Dubbe:
Tropenfieber

Nautilus Verlag 2005

Umschlagmotiv

158 S., 12,90 €
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Daniel Dubbe: Tropenfieber

Unter dem Titel steht: Kriminalroman. Den Fall, den der Privatdetektiv Richard C. Karter ans Tageslicht befördern soll, handelt vom Kultbuchautor Sergej Limonov, der irgendwo auf Madagaskar verschollen ist.

Das ist Daniel Dubbes Welt: Er ist Schriftsteller, Drehbuchautor und Reisejournalist. Er kennt Madagaskar und das Tropenfieber - salopp gesagt - wie seine eigene Westentasche, und darum ist dieses Buch auch ein Reiseführer. Man könnte hinfliegen und die Wege nachzeichnen, die sein Protagonist Karter auf der Suche nach dem Verschollenen Limonov begeht. In den Reisereportagen "Große Insel fern südlich" (1989 im Nautilus-Verlag erschienen) bespricht er im gleichnamigen Text die Insel Madagaskar, der mit den Worten anfängt: "Sieht aus wie die Schweiz."

Natürlich ist "Tropenfieber" ein Kriminalroman. Auf Seite 6 werden die Personen der Handlung aufgeführt: Neben dem Privatdetektiv Karter ein Dr. David Kassowitz, der Geld verspielt hat, das ihm nicht gehörte; Raymond Lemercier, Hotelbesitzer, "hält Krokodile im Zwinger"; General Rasolofo, Gouverneur der Vanilleprovinzen; Jean-Noel Siraka, Polizeichef; sowie die junge und schöne Sylvie, die eigentlich von allen begehrt wird. Karter landet in Tamatave, bezieht im Hotel Generation Quartier, geht später in die Bar Vaudou und bekommt etwas davon zu spüren, wie viele der einheimischen Frauen ihren Lebensunterhalt verdienen: "Ich kann dich ein bisschen glücklich machen", sagte sie. "Ich bezahl dir eine Cola, aber was das Weitere betrifft, bleibe ich lieber unglücklich." Neben dem Spannungsbogen, den Dubbe in Rückblicken erzählt, faszinieren die Dialoge, die er gekonnt beherrscht.

Man braucht nicht auf jeder Seite eine Leiche, um diesem Karter zu folgen, der im Auftrag der Firma Brinkmann & Partner erstens nach seinem ebenfalls vermissten Kollegen Markmann Ausschau hält, zweitens den Exil-Russen und Autor Limonov sucht. Stück für Stück arbeitet sich Karter nach vorne, und präsentiert schließlich (wenigstens?) den Kopf einer Leiche. Daniel Dubbe gibt dem Leser daneben einen Eindruck der afrikanisch-madagassischen Denkens-, Verhaltens- und Lebensweise, denn Madagaskar, "Achter Kontinent" und "Insel voller Zauber und Irrlicht", aber auch 64 Jahre Kolonialmacht, liegt im Schnittpunkt französischer, also europäischer Einflüsse und afrikanischer Kultur, weil seit der Unanbhängigkeit 1960, (dazwischen die Stippvisite einer Militärdiktatur von 1972 bis 1975), sich die Insel erst wieder Anfang der 80er Jahre dem Westen näherte.

Sylvie möchte nach Europa, eventuell Amerika. Ihretwegen liegen die beteiligten Männer im Clinch. Sie hatte ein Verhältnis mit Markmann, dem Polizisten Siraka, dem Hotelbesitzer Lemercier, ist die offizielle Geliebte des Generals Rasolofo und eine Art Schlüsselfigur dieses Buches, wiewohl sie in dem alten Schriftsteller Limonov - neben Leidenschaft - noch etwas anderes sieht: "Er war kaputt und enttäuscht. Er hatte so viele Bücher geschrieben. Aber dann hat er gemerkt, dass er Beifall von der falschen Seite bekam, dass es sinnlos ist, diese kleinen schwarzen Zeichen aufs Papier zu setzen. Künstler waren für ihn Narren."

Und wo der Intellekt (gleich dem Geld) eine junge madagassische Frau anzieht, da reizt sie die Ferne, der reiche Westen, um etwas ausgeben zu können, weswegen sie die anderen Männer verlässt und Limonovs Trinkerei erträgt, Hauptsache, er entschließt sich endlich mit ihr abzureisen. "Was ist denn so schlecht an Europa?", fragt sie. "Es ist zu kalt." "Hier ist es viel zu heiß."

Aber Limonov will nicht, er hält Europa für dekadent, ausbeuterisch und weiß, wer ihm auf den Fersen ist. Das wissen auch Siraka, der General und David Kassowitz - alter Gegenspieler Limonovs - und der meint, von Karter darauf angesprochen: "Verschwunden - aus eurer Sicht. In Wirklichkeit ist er seiner eigenen Wege gegangen, den ihr nicht kontrollieren könnt …"

Während Karter die manchmal gewollt ausgelegte Spur beschreitet, denn Madagaskars Geheimdienst ist noch immer von Moskau und Paris infiltriert, findet er zuerst Markmann (?), dann Limonov, der ihm seine Flucht so erklärt: "In Deutschland verfolgen mich, in dieser Reihenfolge: meine Frau, mein Agent und mein Verleger, der ein neues Buch von mir wollte …" Doch das ist nicht der Schluss, den erklärt Dubbe, alias Karter, überraschend.