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Dezember 2006 |
| Charles Bukowski:
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Michael G. Symolka liest Charles Bukowski: Irgendwo in Texas Gedichte. MaroVerlag, Augsburg 2006 15,00 € » amazon |
Als er die Gedichte aus „Irgendwo in Texas“ schrieb war Bukowski allerdings schon nicht mehr ganz so sehr Untergrund, als vielmehr mit mindestens einem Bein im Grab. Deshalb sind die Texte auch seinem behandelnden Arzt Dr. Ellis gewidmet, dem er mit dem gewohnt desillusionierten Tonfall ein paar schön morbide Zeilen hinterließ.
Der MaroVerlag aus Augsburg hat schon einige Bücher zum Thema Bukowski herausgebracht – das Hörbuch „Irgendwo in Texas“ ist eines der neuesten. Es handelt sich dabei um die Zusammenstellung verschiedener Kurztexte, meist nicht länger als eine oder zwei Minuten, die helle Schlaglichter werfen auf die Welt, wie der große amerikanische Trinkerfürst sie sah. Michael G. Symolka, Journalist und Radiomoderator, liest die „Gedichte“, die hauptsächlich kurze Episoden aus dem Leben Bukowskis (beziehungsweise seines Alter Egos) sind, mit dem Thema angemessener rauher Stimme. Schade nur, dass sein Dialekt ungemein an Peter Maffay erinnert, was es schwierig macht, ihm mit uneingeschränkter Sympathie zu begegnen. Außerdem hat Symolka das ein oder andere Mal Probleme mit der Aussprache von amerikanischen Eigennamen (Venice, „no vacancy“), was schon deshalb die Hörfreude etwas trübt, weil hier die betont auf Coolness ausgelegte Performance auf einmal betont uncool durchbrochen wird. Nichtsdestotrotz ist „Irgendwo in Texas“ aber ein zu empfehlendes Hörbuch, wenn auch vor allem für das mit Bukowski-Texten noch nicht so vertraute Publikum. Man bekommt einen guten Einblick in das Universum dieses Schwerenöters, das von Nutten, Alkohol und allerlei Rauchwaren bevölkert ist.
Begleitet wird die Lesung mit Musik von Martin Seiler, der den unaufgeregten Sound von Bukowskis launischen und sarkastischen Kapriolen mit ebensolchen unaufgeregten Tönen verziert. Laut wird er dabei nie, sondern beschränkt sich auf ein Pluckern hier und da.
Hf Coltello: Außenrolle Doppelläufer Gelesen von Alexander Hacke Kaleidophon-Verlag, Berlin 2006 14,95 € » amazon |
Wie anders dagegen „Außenrolle Doppelläufer“ von HF Coltello, gelesen von Alexander Hacke. Da treffen zwei Weltenbummler, zwei Gelegenheitsalkoholiker („zum Frühstück Aquavit“) aufeinander, und sie ergänzen sich wie die Faust das Auge. Hacke ist allseits bekannt als Bassist der Einstürzenden Neubauten und hat seine charismatische Stimme bereits bei mehreren Hörspiel-Produktionen zum Einsatz gebracht. HF Coltello ist Gitarrist und Literat, immer auf der Straße nach irgendwohin, und so berichten seine Texte, die keine Lyrik sein wollen und trotzdem manchmal unverhofft ins Lyrische umschlagen, von der Reiserei, vom Aufenthalt in fremden Städten, von fremden Frauen, von Bars, in denen man sich heimisch fühlt, von philosophischen Gesprächen nachts um halb drei mit zuviel Promille im Blut - und von der selten auftretenden Sehnsucht nach einem warmen, heimeligen Wohnzimmer. Notiert wurde das alles vor und nach Konzerten, auf Bierdeckeln und was sonst noch alles rumlag, ganz sicher aber nicht in ein fein gebundenes Notizheft. Zwischendrin versorgt uns Coltello mit seinen Künsten an der Gitarre, die seiner erzählerischen Begabung in nichts nachstehen. „Außenrolle Doppelläufer“ ist ein Hörbuch über den Rock’n’Roll, über seine Mythen und darüber wie einer versucht, diese Mythen zu leben. „Wir sind Rocker!“, schreibt Coltello in einem Anfall von jauchzendem Glück, und es klingt überhaupt nicht manieriert, sondern erleichtert. Es soll heißen: wir machen hier eine Menge mit, wir haben kein Geld und kein richtiges Zuhause, aber immerhin sind wir niemandes Fußabtreter.
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